Von der Nordspitze Richtung Süden
Ein Traum wird Wirklichkeit
Der Te Araroa! Allein der Name dieses fern von Europa liegenden Fernwanderwegs lässt die Herzen von Naturliebhaber und Abenteurern höherschlagen. Er beginnt ganz an der Nordspitze Neuseelands, am Leuchtturm von Cape Reinga, und zieht sich über beeindruckende 1470 Kilometer durch die gesamte Nordinsel bis nach Wellington (Gesamtlänge incl. Südinsel 3.000 km). Es ist der Weg in eine neue Art von Freiheit und für mich beginnt dieses Kapitel jetzt!
17.10.2025 - Auckland
Die lange Anreise (insgesamt 40 Stunden von der Wohnung bis nach Auckland) liegt hinter mir und nun stellt sich ein tiefes, erfüllendes Gefühl der Gewissheit ein: Ich bin dran!
Wie die meisten Fernwanderer bin auch ich auf dem internationalen Flughafen in Auckland gelandet. Die erste Hürde nach der Landung: Die strenge Kontrolle bei der Einreise. Aber alles lief erstaunlich unkompliziert! Nur mein Zelt musste kurz von der Biosecurity inspiziert werden – ein kleiner, obligatorischer Check, um Neuseelands einzigartige Natur zu schützen. Umgehend habe ich eine E-Sim organisiert und kann nun kostengünstig elektronisch die 18.000 km in die Heimat überbrücken. Allerdings bleibt die kleine Hürde, dass Neuseeland 12 Stunden früher den Sonnenaufgang erlebt wie Deutschland.
Jetzt, in der angenehmen Unterkunft, bei einem in Ruhe getrunkenen Kaffee, kehrt langsam tiefe Gelassenheit ein und lässt Platz zu für die zunehmende Vorfreude. Ich freue mich auf den Stadtbesuch von Auckland, auf den wichtigen River Safety Course, auf die Menschen, denen ich begegnen werde, auf den Trail selbst und am allermeisten freue ich mich, dass ich den Mut hatte, diesen Traum zu wagen.
Die letzten Kilometer zur Startlinie
Bevor es wirklich losgehen kann, steht noch ein Trainingskurs im Queren von Bächen und Flüssen an. Und natürlich die Anreise zur Nordspitze. Von Auckland geht es üblicherweise mit dem Fernbus in die Kleinstadt Kaitaia (ca. 6,5 Stunden). Von dort existiert kein direkter öffentlicher Nahverkehr mehr bis zum Cape Reinga. Die meisten Wanderer nutzen private Shuttle-Anbieter, trampen (Hitchhiking) oder nutzen touristische Bus-Touren, nachdem sie den Fahrer informiert haben, dass sie am Ziel aussteigen und nicht mit zurückfahren.
Egal, wie die letzte Strecke bewältigt wird: Sie führt zum Leuchtturm, zur offiziellen Startlinie. Und diese letzten Kilometer sind nur noch ein Wimpernschlag entfernt. So lange habe ich darauf gewartet, es ist so weit!
18.10 2025 Aufregender Tag im Vector Wero Whitewater Park
Der Tag startete heute Morgen mit einer kleinen Panne: Die geplante Busfahrt zum Vector Wero Whitewater Park endete abrupt, da ich zu früh ausgestiegen waren. Der daraus resultierende Fußmarsch ließ mich dann auch noch den Anschluss verpassen. Ein echter Ärger!
Nachdem meine Versuche per Anhalter kein
Erfolg zeigten, nahm ich die Sache selbst in die Hand und sprach zwei rauchende Männer an. Und siehe da: Brandon aus Südafrika, der nur fünf Minuten entfernt wohnte, fuhr mich direkt zum Park. Eine Lektion in "einfach nett fragen" – es gibt eben nur Ja oder Nein als Antwort, und ich hatte Glück.
Im Park waren ich dann doch zeitig, was eine die tolle Gelegenheit ergab, mit Denis, einem der Admins des Kurses, ein informatives Gespräch zu führen. Ich fand das alles super aufschlussreich und war voller Vorfreude auf das Wasser.
Die Übungen waren intensiv und lehrreich: Zuerst querten wir den "Fluss" im Alleingang. Danach folgten Gruppenübungen mit stärkerer Strömung und Stöcken, inklusive einer Übung zur Umkehr als Gruppe. Obwohl ich einige Filme dazu gesehen hatte, war mir das Wissen nicht mehr präsent. Der Abschluss war der nasse Höhepunkt: Wir gingen erneut ins Wasser, ließen uns von der Strömung treiben, als wir uns nicht mehr halten konnten. Komplett ausgerüstet und auf dem Rucksack auf dem Rücken trieben wir etwa 10 bis 15 Meter flussabwärts, bis wir ans Ufer gelangten.
Tropfnass, ein gutes Stück klüger und sehr zufrieden war ich froh, mich danach in warme, trockene Kleidung zu werfen.
Für den Rückweg habe ich nicht lange überlegt und direkt ein Uber gerufen. Eine stundenlange Busfahrt kam nach den Erlebnissen nicht mehr in Frage.
Aktuell hängen die nassen Sachen zum Trocknen, der Rucksack ist ebenfalls dabei. ich war noch einkaufen und essen.
Morgen früh um ca. 7.00 Uhr fahre ich zum Intercity Sky City Bus Terminal und von dort weiter nach Kaitaia…
19.10.2025 Fahrt nach Norden
Richtig gut konnte ich nicht schlafen. Eine Mischung aus Jetlag, Vorfreude und Anspannung.....als es um 7.00 Uhr zum Busbahnhof geht, kämpft sich die Sonne über den Horizont. Ein schöner Tag auf der anderen Seite der Erde beginnt....

Nach sieben Stunden Busfahrt: angekommen in Kaitaia!
Der Start des Te Araroa am Cape Reinga Lighthouse ist ein beeindruckendes Erlebnis. Hier treffen Tasmanische See und Pazifischer Ozean aufeinandertreffen. Die erste Sektion führt über den 90 Mile Beach (Te Oneroa-a-Tōhē), einem etwa 100 Kilometer langen Marsch. Die Wanderung beginnt mit Küstenpfaden und Dünenüberquerungen, bevor sie in einen kräfteraubenden und exponierten Strandmarsch übergeht. Die größte Herausforderung ist das Gehen auf weichem Sand, wobei Wanderer gut beraten sind, den Gezeitenkalender zu beachten, um bei Ebbe auf dem festeren, wassernahen Sandstreifen laufen zu können. Die weite, spektakuläre Landschaft mit riesigen Sanddünen und endlosen Ausblicken aufs Meer ist landschaftlich atemberaubend, erfordert aber Durchhaltevermögen. Daher ist dieser erste Teilabschnitt eine sofortige und intensive physische und mentale Herausforderung, die Wanderer ideal auf den langen Weg nach Süden einstimmt. Die Wasserversorgung erfolgt in den eingerichteten Campsites (Twilight Beach Campsite, Maunganaui Bluff Campsite, Utea Park oder Hukatere Lodge Camp). |

20.10.2025 - Erste Etappe 90 Mile Beach
Was für ein Tag! Pünktlich um 9:00 Uhr wurden wir abgeholt. Die Fahrt zum Cape Reinga dauerte anderthalb Stunden. Hinter Kaitaia wurden die kleinen Dörfer immer kleiner und die Weideflächen nahmen zu. Am Cape Reinga angekommen, hieß es erst einmal, auf die Ebbe zu warten. Der Leuchtturm war der ideale Platz dafür und das sonnig-warme Wetter perfekt.
Und dann ging es los! Ich bin mit einem netten Trupp unterwegs, mit dem ich die nächsten Tage bis zum Ende des 90 Mile Beach verbringen werde. Die Ausblicke auf die Dünen und das Meer waren atemberaubend. Es war ein schönes Auf und Ab, bis wir den letzten Strandabschnitt vor dem Camp erreichten. Zuerst dachte ich, die dunklen Flecken am Strand wären Felsen... es waren verendende Pilotwale. So etwas Schreckliches habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Auf dem ganzen Strand waren 31 Tiere aufgereiht, 19 davon lebten noch – es war grauenhaft. Die ersten beiden hatten Glück und bekamen noch etwas vom ablaufenden Wasser ab. Alle anderen lagen trocken. 
Zwei Neuseeländerinnen machten die Tiere nass. Ein Ire aus unserer Gruppe hatte den Einfall, eines der Tiere zu drehen. Womit keiner gerechnet hatte, war die Kraft des Schlags mit der Schwanzflosse. Er hat mich an der Schulter und an der rechten Arschbacke getroffen. Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert, aber es tut weh und mein Hinterteil ist jetzt ziemlich farbig. Ich hoffe, IBU hilft. Man sollte die Tiere wirklich niemals unerfahren zu drehen versuchen – im Todeskampf entwickeln sie enorme Kräfte! Da Wale Wassertiere sind, erleiden sie durch das eigene Körpergewicht innere Verletzungen und Kreislaufversagen und sind oft auch nach der Rückkehr in tieferes Wasser sehr geschwächt.
Es war furchtbar, die sterbenden Wale auf dem Weg zum Camp zu sehen – super traurig. Blöd war, dass wir kaum Empfang hatten. Über die TA WhatsApp Gruppe baten wir um Hilfe, und schließlich kam das DOC (Department of Conversation) mit zwei Wagen. Vielleicht kommt später noch mehr Hilfe, inzwischen ist auf jeden Fall Hochwasser.
Das Camp liegt oberhalb des Meeres, einige Stufen führen hinauf. Zwölf Zelte stehen jetzt. Wasser gibt es reichlich und sogar eine Dusche – ich bin wieder sauber! Strom haben wir keinen. Es wurde lecker gekocht, und eben habe ich den Sonnenuntergang gesehen.
21.10.2025 - Zweiter Tag am 90-Mile-Beach
Es war ein sehr guter Start heute, ich bin sehr glücklich und froh, dass ich hier bin. Wenn ich meine Familie und Freunde zu Hause nicht hätte, wäre das alles nicht so einfach! Übrigens bin ich mit einigem Abstand die Ältesten hier. Einen guten Teil des Tages über bin ich alleine gelaufen, das hat mir gut gefallen. Man trifft sich ja auf jeden Fall abends wieder im Camp und so kann jeder in seiner persönlichen Geschwindigkeit laufen.
Ich liege schon im Zelt und hoffe, dass ich schlafen kann. Das Rauschen des Meeres ist phantastisch und heute geht es bestimmt ohne Schlaftablette. Ich kann mich schon an vieles nicht mehr erinnern, was heute Morgen war – so intensiv und zahlreich waren die Eindrücke...
Empfang gibt es hier keinen. Das wird wahrscheinlich noch dauern mit dem Verschicken, aber ich versuche es gleich mal. Es gab viel Meer von rechts, Dünen von links, Wahnsinnswetter und sogar einen toten Rochen am Strand! Es läuft wirklich gut, trotz des Schreckens mit den Walen.
Am 90-Mile-Beach
22.10.2025 Dritter Tag auf dem Strand: Von Maunganui Bluff zur Hukatere Lodge
Ein weiterer anstrengender Strandtag liegt hinter mir! Gestartet bin ich heute Morgen vom Maunganui Bluff Campsite und bin nun an der Hukatere Lodge angekommen, wo mein Zelt bereits steht. Die 30 Kilometer heute haben ihren Tribut gefordert, aber ich konnte mich bereits mit einer heißen Dusche belohnen – bin also wieder sauber!
Der Tag begann bedeckt, später setzte sich die Sonne durch. Die Landschaft war wenig abwechslungsreich, und der Sand wechselte ständig zwischen hart und weich, was die Strecke konstant anstrengend machte. Ich bin bisher glücklicherweise blasenfrei, obwohl viele andere Wanderer nicht so viel Glück haben. Heute musste sich sogar jemand mit Achillessehnenproblemen vom Strand abholen lassen.
Das heutige Camp liegt etwas abseits des Strandes und ich werde nicht noch einmal an den Strand gehen: Der Blick über das satte Grün, die Dünen und das Meer ist auch von hier einfach phantastisch!
Morgen steht der letzte Strandabschnitt an. Je nach Verfassung werde ich 31 Kilometer in Angriff nehmen, mit der Option, nach 17 Kilometern das Zelt aufzustellen. De Körper soll sich ja langsam an die Dauerbelastung gewöhnen.
Eben gerade gab es sogar Tailmagic: Ein kühles Bier steht vor mir auf dem robusten Holztisch!!!
3. Tag am 90-Mile-Beach
23.10.2025 Vierter Tag am Strand - langsam reicht es!
Der vierte Tag auf dem Te Araroa war geprägt von der Einsicht, dass es langsam reicht mit Strand. Die Landschaft entlang des 90-Mile-Beach erweist sich als vergleichsweise eintönig und das Laufen im weichen Sand ist anstrengend.
Glücklicherweise spüre ich von der Belastung noch relativ wenig. Dennoch habe ich mich entschieden, dem Körper so früh am Trailstart eine Schonung zu gönnen und bin heute nur die 17 km bis zum nächsten Camp (Utea Park) gelaufen. Das bedeutet für morgen noch eine 14-Kilometer-Etappe, bevor sich die Landschaft und glücklicherweise auch der Wegeuntergrund ändern.
Zum Abendessen gibt es heute eine Besonderheit: Ein Teil der Gruppe hat Muscheln gesammelt, die wir uns nun schmecken lassen. Dennoch schwingt die Vermutung mit, dass der momentane Zusammenhalt der Gruppe spätestens in Kaitaia zerfallen wird.
Abgesehen von den üblichen Fundstücken an einem Meeresstrand gibt es heute nicht wirklich viel zu erzählen. Eine wichtige Wende steht uns aber bevor: Das Wetter dreht sich gerade. Für die nächsten zwei Tage wird es voraussichtlich windiger und vor allem regnerischer werden.
Fazit des Tages: Eher ein Tag der "Pflichtkilometer" und der bewussten Haushaltung mit den Kräften vor dem erwarteten Wetterumschwung.
24.10.2025 Geschafft und in Kaitaia
Nach 100 km einen endlos werdenden Sandstrand entlang ist mit diesem Abschnitt endgültig Schluß! Die Landschaft wechselte nach dem großen Campingplatz abrupt von Sand zu weiten Weideflächen und Buschhecken.
Die 15 km Straßelaufen bis in die Kleinstadt Kataia hätten zwar nicht sein müssen, aber so verläuft hier halt der Te Aaroa. Es gibt keine Wanderwege rechts oder links der Zufahrtstrasse zum 90-Mile-Beach. Jetzt erst einmal Ausruhen!
25. Oktober 2025
Start: Kaitaia, Ziel: Krishna Sanctuary
Der heutige Tag begann in Kaitaia und führte mich auf eine abwechslungsreiche und sehr angenehme Etappe des Te Araroa.
Die ersten sechs Kilometer verliefen unerwartet entspannt auf dem Highway 1. Da heute Samstag war, hielt sich der Verkehr in Grenzen, und LKWs waren kaum unterwegs. Was die Strecke trotz der Nähe zur Straße besonders machte, waren die unglaublichen Düfte der vielen Blüten am Straßenrand – ein unerwarteter sensorischer Genuss.
Trotzdem war ich froh, als ich auf eine Gravel Road abbog, die mich weg vom Asphalt führte. Die Landschaft wandelte sich in sanftes Weideland, bevölkert von Rindern und sogar Truthähnen mit ihren Küken. Ein besonders beeindruckendes Bild bot sich mir, als ich an einer schier endlos langen und wahnsinnig hohen Bambushecke vorbeilief. Die Sonne strahlte, ein leichter Wind wehte – perfekt für eine kleine Pause, die ich mir gönnte.
Der Weg war insgesamt deutlich besser zu gehen als gestern. Ich wanderte durch eine wunderschöne Hügellandschaft und konnte bereits sehen, wie sich langsam der Wald näherte. Die Bäume wurden dichter, und die Vorfreude auf die morgige Waldetappe stieg.
Die letzten knapp zwei Kilometer lagen vor mir, als ich mich der Krishna Sanctuary näherte. Ein ganz kurzer, leichter Nieselregen setzte ein, war aber wirklich nur von Augenblicksdauer. Schnell brach die Sonne wieder durch, und die Wärme kehrte zurück – ein perfekter Wandertag. Die heutige Tour war definitiv abwechslungsreicher als die gestrige, sogar das Highway-Stück empfand ich als schöner als die gestrigen Straßenabschnitte. Ein besonderes Highlight auf den letzten Metern waren mehrere Kingfisher (Eisvögel), die mit mir flogen und mich begleiteten.
Das Ankommen in der Krishna Sanctuary war einfach toll. Wir wurden sehr herzlich von der Gastgeberin empfangen und erhielten eine liebevolle Führung über das gesamte Grundstück, was wirklich beeindruckend war. Das Abendessen war ein besonderer Genuss: Da wir heute nur sechs Personen waren, kochte sie nicht nur die üblichen einfachen Speisen für viele, sondern verwöhnte uns mit zusätzlichen Leckerbissen. Obst wird hier selbst produziert, der Rest zugekauft.
Ein herzerwärmendes Detail sind die beiden alten Kühe, die die Besitzerin geschenkt bekam und so vor dem Schlachter rettete. Ich überquerte den Bach, um auf ihre Wiese zu gelangen, und sie warteten schon sehnsüchtig auf Streicheleinheiten – ein schöner Moment. Der Hund, dessen Name mir leider entfallen ist, aber der übersetzt „der Blitz“ heißt, machte seinem Namen alle Ehre – es ist einfach eine tolle Atmosphäre hier.
Nach diesem erfüllten Tag gibt es nichts Schöneres, als in der Hängematte zu liegen und zu lesen, bevor es ins Bett geht. Morgen brechen wir gemeinsam gegen 7:00 Uhr auf und wagen uns in den Wald. Die letzten Tage gab es wohl wenig Regen, was uns hoffen lässt, dass die Bedingungen nicht allzu schlimm sind. Das DOC (Department of Conservation) hat zudem vor einigen Tagen umgestürzte Bäume vom Trail entfernt, was die morgige Passage erleichtern sollte. Ich bin gespannt auf den Wald!
26.10.2025
Start: Kurz nach 7:00 Uhr, Krishna Sani
Ziel: Blackbridge Road (Ankunft im Dunkeln, nach 13,5 Stunden)
Der Tag begann um kurz nach Sieben an der Krishna Sani. Der Start war angenehm, nur leicht bergauf, bevor wir in den Wald eintauchten. Glücklicherweise war das Wetter die letzte Woche über so gut, dass sich der Matsch in Grenzen hielt – was die Sache deutlich erleichterte. Die Stimmung in der Gruppe war gut und die Wanderung gefiel uns allen.
Nach der dritten Pause erreichten wir den Mangamuka Saddle. Von hier aus stand uns noch ein letztes großes Auf und Ab bevor: einmal runter und dann der letzte große Peak für heute, bevor es nur noch bergab gehen sollte. Wir waren extrem dankbar, dass das DOC (Department of Conservation) den Wald im wahrsten Sinne des Wortes "aufgeräumt" hatte. Größere umgestürzte Bäume waren beseitigt und das Unterholz war geschnitten. Ohne diese Arbeit wäre der Weg um ein Vielfaches anstrengender gewesen.
Der letzte Anstieg zum Sattel war richtig steil, aber nur leicht rutschig. Dazwischen boten sich immer wieder atemberaubende Ausblicke. Ich konnte riesige Wellen sehen, und ganz weit hinten glitzerte das Meer. Es war wunderbar, dem Wind in den Bäumen zu lauschen, Insekten summen zu hören und die Rufe der Vögel wahrzunehmen, auch wenn ich Letztere leider nicht sehen konnte.
Am Nachmittag dachten wir immer wieder, der letzte Anstieg sei geschafft, doch seit der letzten Pause ging es noch einige Male hoch. Ich hoffte inständig, dass es nun wirklich das letzte Mal bergab ging. Bis zur Marine Road waren es zeitweise noch dreieinhalb Stunden, und der Pfad wurde zusehends anstrengender. Die Müdigkeit machte sich bemerkbar.
Wir hatten einen 29-jährigen Niederländer in der Gruppe, der mit einem riesigen Rucksack kämpfte und die ganze Gruppe verlangsamte. Beim letzten Stopp mussten wir einen Teil seiner Sachen aufteilen, da wir ihn sonst wahrscheinlich heute nicht mehr ans Ziel gebracht hätten. Ich bin mir sicher, er hätte es alleine nicht geschafft, aber ich kann seine Sachen auch nicht jeden Tag tragen. Er hat inzwischen wieder aufgeschlossen, und wir machen uns gleich wieder auf den Weg.
Nach zermürbenden 13,5 Stunden waren wir endlich im Dunkeln an dem Campground angekommen. Die Anstrengung war immens. Ich bin heute zu müde, um noch mehr zu schreiben. Morgen steht uns glücklicherweise ein kürzerer Tag bevor - dann schreibe ich noch ein wenig weiter.
Fazit des Tages: Extrem anstrengend, landschaftlich grandios, Gruppendynamik durch logistische Herausforderung auf die Probe gestellt.
Der Abschnitt des Te Araroa zwischen Kaitaia und Kerikeri markiert einen deutlichen Übergang vom offenen Terrain des Far North in die dichteren, herausfordernden Wälder der Region. Nach der Ankunft in Kaitaia nach den kräftezehrenden Tagen am Ninety Mile Beach und einer kurzen Strecke auf der Straße, bietet sich die Gelegenheit, Vorräte aufzufüllen und eine kurze Rast einzulegen, bevor man sich dem nächsten, landschaftlich völlig unterschiedlichen Teil widmet. Die Wanderung beginnt mit einer Passage, die die Zivilisation hinter sich lässt und den Weg in die Hügel und Wälder Nordlands weist. Kurz nach Kaitaia geht es zunächst auf einer Mischung aus Straßen- und Farmwegen entlang, bevor der Pfad in das eigentliche Wildnis-Erlebnis übergeht. Der Raetea Forest ist der wohl berüchtigtste Teil dieses Abschnitts und fordert Wandernde mental und physisch stark heraus. Die Wege sind oft schlammig und rutschig, besonders nach oder während Regenfällen, was das Vorankommen verlangsamt und Trittsicherheit verlangt. Es ist ein stetes Auf und Ab über teils hohe Erhebungen, wobei der Wald dicht und die Sicht oft begrenzt ist. Man kämpft sich durch den Busch, muss über Wurzeln klettern und immer wieder auf den korrekten Pfad achten. Trotz der Strapazen entschädigt die ursprüngliche Natur mit ihrer Wildheit und Stille. Das Erreichen des höchsten Punktes oder eines Campsites nach einem anstrengenden Tag in diesem Waldgebiet wird als eine große Leistung empfunden. Nach dem Raetea folgen die Ōmahuta und Puketī Forests, die ein ähnliches, aber oft etwas weniger extremes Walderlebnis bieten. Auch hier sind die Wege technisch anspruchsvoll, mit Matsch und rutschigen Passagen, aber die Landschaft wird von wunderschönen, beeindruckenden Kauri-Bäumen dominiert, die durch ihre schiere Größe eine ehrfurchtgebietende Atmosphäre schaffen. Der Schutz der Kauri-Bäume vor der "Kauri Dieback"-Krankheit ist hier allgegenwärtig, und Wandernde sind angehalten, spezielle Reinigungsstationen für Schuhe und Ausrüstung zu nutzen. Der Weg durch diese Wälder beinhaltet oft Bachüberquerungen, darunter die des Waipapa River, die je nach Wasserstand herausfordernd (oder unmöglich) sein können. Die Übernachtungsmöglichkeiten bestehen typischerweise aus einfachen Department of Conservation (DOC) Campsites oder Hütten, die inmitten der ruhigen Natur eine willkommene Zuflucht bieten. Die letzte Etappe nach Kerikeri führt allmählich aus der Dichte des Waldes heraus, oft über Forststraßen oder lichtere Waldpfade, die ein schnelleres Vorankommen ermöglichen. Die Annäherung an Kerikeri bedeutet das Erreichen einer größeren Versorgungsbasis mit Supermärkten, Hostels und der Möglichkeit zur Erholung. Die Ankunft in der Stadt nach den anstrengenden Waldtagen wird als ein befriedigender Abschluss eines der körperlich anspruchsvolleren Abschnitte der Nordinsel empfunden. Kerikeri dient oft als erster wichtiger "Zero-Day" (Ruhetag) Punkt und ist ein Ort, um neue Energie und Verpflegung für die bevorstehenden Küsten- und Inlandspassagen zu sammeln. |
27.10. - 29.10.2025 Von Blackbridge Road nach Kerikeri
27. Oktober: Tag der Entscheidung – Flussüberquerung oder Bypass?
Der Tag begann früh für mich. Ich nutzte die Ruhe, um vor allen anderen aufzustehen und mich im Bach zu erfrischen. Mit nur einem Kaffee und einem nassen Zelt im Gepäck machte ich mich auf den Weg. Die Vorhersage lautete Regen, aber die ersten 6,5 km auf dem wenig befahrenen Highway waren angenehm.
Die Landschaft entlang der Strasse war hügelig und rechts und links gab es Rinder und ein Bach schlängelte sich neben der Straße entlang. Trotz des bedeckten Himmels war ich froh, wieder unterwegs zu sein. Außerdem bin ich froh, alleine zu laufen. Die lärmenden Amerikanerinnen am Abend vorher waren mir einfach zu viel. Auch heute Morgen, als alle aus ihren Zelten gekrochen waren, gefiel es mir viel besser, mein Zelt zusammen zu packen und mich auf den Weg zu machen.
Beim ersten Stopp trafen alle aus dem gestrigen Camp aufeinander: Es wurde hin und her überlegt: River Crossing oder Bypass? Angesichts des angekündigten Regens und der damit verbundenen Gefahr, entschied ich mich zunächst für den Bypass. Bei einer kleinen Pause habe ich das klatschnasse Zelt an einen Zaun gehängt. Der Wind hat es aufgebläht wie ein Segel und getrocknet. Mein Rucksack war danach merklich leichter. Wir haben noch einmal überlegt und gehen jetzt doch nicht in Bypass und machen die River Crossing. Während ich auf dem Weg den Geruch von Wildschweine wahrnahm, erinnerte ich mich an den Vorfall mit dem angegriffenen Zelt einer Wanderin am Strand. . Das Schwein hat die Zeltwand beschädigt und ihre Matte zerstört.
Am Abzweig zum Bypass (Umgehung des Rivercrossings) überlegten wir nochmals: Obwohl es leicht nieselte, entschieden wir uns, doch bis zum Fluss zu laufen und es zu versuchen. Sollte es zu hoch sein, würden wir zurück zur Black Bridge Campsite gehen und dort das Zelt aufschlagen. Ab dem Abzweig sind es bis zur Rivercrossing-Stelle noch anderthalb Stunden. Doch als der Regen stetig zunahm, beschlossen wir schließlich doch, erst einmal zur Campsite zu gehen und den Fluss erst am nächsten Morgen zu begutachten. Der große Unterstand dort sollte uns erlauben, ohne Zelt im „Cowboy-Camping-Stil“ zu übernachten – dachten wir!
28. Oktober: Der Starkregen erleichtert die Entscheidung
Die Entscheidung für die Black Bridge Campsite erwies sich als klug. Während ich früh einschlief, wurde ich um 22:00 Uhr durch den Lärm geweckt, den die Jungens machten, um aufdringliche nächtlichen Besucher zu vertreiben: Waschbären und Opossums suchten im Shelter nach Essbarem und stahlen einen Müsliriegel.
Zum Glück hatte ich mich gegen das "Cowboy Camping" entschieden. Gegen Mitternacht setzte stundenlanger Starkregen und ein Gewitter ein. Die Entscheidung über die Flussüberquerung war damit hinfällig. Wir mussten den Bypass nehmen.
Wir waren früh am nächsten Morgen unterwegs und hatten wegen der geänderten Route eine deutlich längere Strecke bis zur nächsten Campsite vor uns. Der Bypass führte uns fast den ganzen Tag über einen Wirtschaftsweg mit vielen Höhen und Tiefen. Am Ende standen 35 km und knapp 900 Höhenmeter auf der Uhr – ein sehr anstrengender Tag.
Zwischendurch legte ich noch den kurzen Kauri Walk ein und bestaunte die beeindruckenden Riesenbäume. Es war schade, dass wir den Fluss nicht überqueren konnten, da wir die Bäume dann im ursprünglichen Wald gesehen hätten.
Die Ankunft in der Puketi Hut war eine Wohltat. Die Hütte war bereits warm. Nach einem schnellen Essen, einer kalten Dusche und dem Trocknen des Zeltes, konnte ich endlich ausruhen. Für morgen stand die kleine Stadt Kerikeri als nächstes Ziel auf dem Plan.
29. Oktober: Durch verzauberte Wälder nach Kerikeri
Heute war der Weg nach Kerikeri mit 24 km vergleichsweise kurz. So warm wie es gestern bei Ankunft in der Hütte war, so kalt war sie dann am Morgen. Doch der Tag würde uns fünf Wanderer für den frühen, kühlen Aufbruch entschädigen.
Wir wanderten weiter durch blühende Weiden voller Butterblumen und Kühen. Ein durchlaufenes Waldstück wirkte regelrecht "verwunschen" – kein Wunder, dass Herr der Ringe hier in Neuseeland gedreht wurde. Auf der Route gab es auch unter Wasser stehende Wiesenstücke, über die Stege führten. Unglücklicherweise blieb mein Stock stecken, und ich fiel vom Steg ins hohe, weiche Gras – und stand bis über die Knöchel im Wasser. Das hieß dann für mich, mit ziemlich nassen Füße und Wasser, das vorne aus den Löchern meiner Schuhe lief, weiter zu gehen. Selber schuld!
Es folgten Abschnitte auf der Straße, durch Kiefernwälder mit weichem, duftendem Boden, sanften Sonnenstrahlen zwischen den Bäumen und durch verwunschenen Farnwald, der mit riesigen Farnen und Palmen eine märchenhafte Kulisse bot. Weideland und Wald wechselten sich regelmäßig ab.
Das letzte Stück bis nach Kerikeri führte mich entlang des Kerikeri River auf einem schönen, ruhigen Uferweg. Ein kurzer Orientierungsfehler auf den letzten Metern sorgte für einen Lacher, aber wir erreichten unser Ziel: die Hoke Heke Lodge.
Die Lodge ist super und ermöglichte die dringend benötigte Reinigung. Zum Abendessen gab es einen Veggieburger. Während ich danach noch draußen saß und eine Katze streichelte, die mich an meine eigene erinnerte, reflektierte ich über die vergangenen Tage. Das Wetter, wie es ist, stört mich nicht mehr. Ich gewöhne mich an das Rucksackgewicht und die langen Tage. Handy-Empfang haben wir bei weitem nicht immer und so bleibt mein Bericht an manchen Stellen lückenhaft. Ausserdem ist es schwer, die Gesamtkomposition aus Geräuschen, Gerüchen, der Wärme der Sonne oder das leise Plätscher eines Baches, der Nieselregen auf der Kleidung oder der immer wieder unterschiedliche Untergrund beim Wandern in Worte zu fassen. Wer gerne draussen in der Natur wandert, wird es nachvollziehen können.
Morgen geht es weiter nach Paihia, denn ich möchte nicht in Kerikeri bleiben. Meer hatte ich ja schon länger nicht mehr!
Der Kauri-Baum (Agathis australis) ist ein majestätischer, immergrüner Baum Neuseelands, der zu den größten und ältesten Baumarten der Welt zählt. Seine Besonderheit liegt in seiner beeindruckenden Statur: Er kann über 50 Meter in die Höhe wachsen, einen Stammdurchmesser von bis zu 9 Metern erreichen und ein biblisches Alter von über 2.000 Jahren erlangen. Charakteristisch ist seine Wuchsform, bei der ältere Bäume nach etwa 100 Jahren die unteren Äste abwerfen und eine einzigartige, schirmförmige Krone ausbilden, die hoch über dem astfreien, pfeilerartigen Stamm thront. Das Holz des Kauri ist aufgrund seiner Stabilität und einfachen Bearbeitbarkeit sehr wertvoll. Die Bestände dieser Waldriesen sind in den letzten Jahrhunderten massiv geschrumpft. Historisch gesehen begann die starke Dezimierung der Kauri-Wälder mit der europäischen Besiedlung Neuseelands im 19. Jahrhundert, als das Holz intensiv für den Boots- und Hausbau genutzt wurde. Heute stehen die verbliebenen Bäume zwar unter strengem Naturschutz, doch eine aktuelle und schwerwiegende Bedrohung ist die sogenannte Kauri-Sterbe-Krankheit (Kauri Dieback). Verursacht wird diese durch den aggressiven Wurzelpilz Phytophthora agathidicida (PTA), der das Wurzelwerk befällt und den Baum langsam von innen heraus absterben lässt. Da es bisher keine Heilmethode gibt, wird die Krankheit vor allem über infizierten Boden verbreitet, der an Wanderschuhen, Tierhufen oder Fahrzeugen haftet. Diese Kombination aus historischer Übernutzung und der aktuellen Pilzbedrohung hat die Kauri-Wälder auf einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Ausdehnung reduziert und die Art zu einer stark gefährdeten Spezies gemacht. Deshalb findet man entlang des Te Araroa immer wieder Desinfektionsstationen, mit deren Hilfe dir Schuhe der Wanderer von dem Wurzelpilz gereinigt werden sollen. |
30.10.2025 Auf die Ostseite der Northlands
Der Tag begann früh mit dem Aufbruch um 7:15 Uhr. Die Wanderung führte zunächst mal wieder eine Straße entlang und bog dann in einen Wald ab. Leider hatte man dort viele Bäume abgeholzt. Nach einer Dreiviertelstunde konnte ich dann von einem kleiner Hügel aus zum ersten Mal den Pazifischen Ozean sehen – auch wenn das Wetter heute leider bedeckt war: eine beeindruckende Sicht und ein bewegender Moment.
Weiter ging es durch den Waitangi Forest, wo auf großen Flächen Kiefern aufgeforstet wird. Nach insgesamt drei Stunden kam dann eine unangenehme Überraschung: Der eigentliche Weg war gesperrt und man musste auf einem Bypass das Hindernis umgehen. Schließlich führte der Waldweg aber wiedewr aus dem Wald heraus und eröffnete erneut den Blick auf das Meer. Das Wasser, die Hügel im Hintergrund: auch wenn die Sicht nicht ganz klar war, einfach traumhaft, die Weite plötzlich wieder.
Mit dem Meer zur Linken ging der Weg weiter bei Nieselregen. Zu meiner Rechten lag der riesige Waitangi Golfplatz, auf dem tatsächlich trotz des Regens jemand Golf spielte. Der restliche Weg in das Städtchen Waitangi war angenehm und führte am Meer entlang. Die Vögel am Strand und auf den Wiesen waren eine willkommende zusätzliche Ablenkung.
Die Centabay Lodge ist eine super zentrale Unterkunft. Mein Körper genoß die heiße Dusche vorhin und meine Kleidung war auch dankbar für die Waschmaschinenwäsche. Die Handwäsche meiner Socken zeigte deutlich, wie viele "Wald" ich mit mir mitgenommen hatte und dass eine Grundreinigung dringend nötig gewesen war. Den Einkauf habe ich direkt um die Ecke für die kommenden Tage erledigt und zum Abendessen gab es etwas Leckeres beim Thai.
Nun bin ich bereits im Bett und hoffe auf eine erholsame Nachtruhe, da die letzte Nacht nicht viel Schlaf gebracht hatte. Für morgen steht ein langer Tag an, inklusive einer kurzen Fährfahrt. Die Vorfreude ist groß und ich bin gespannt.
Auf der Wanderung kamen wir auch an einem Schutzbereich für Kiwis vorbei, den Nationalvögeln von Neuseeland. Gesehen habe ich von den scheuen, nachtaktiven Laufvögeln nichts. Überhaupt: Neben Schafen und Rindern habe ich noch nicht viele Tiere gesehen. Selbst die Vögel machen sich ein wenig rar. Mal sehen, ab wann sich das ändern wird.
31.10. 2025 Ein langer Tag am Te Araroa
Was für ein langer Tag heute wieder auf dem Te Araroa! Ich sitze jetzt hier in meiner kleinen Bamboo Hut auf der Farm, es ist wirklich ein Traum, und genieße die Ruhe nach den Strapazen. Gleich gibt es Pad Thai zum Abendessen, das habe ich mir wirklich verdient.
Der Tag begann leider alles andere als erholsam. Aus der erhofften ruhigen Nacht wurde nichts. Zuerst konnte ich einfach nicht einschlafen und dann schnarchte nebenan jemand unheimlich laut. Aber der Höhepunkt war dann der Streit im Nachbarzimmer um vier Uhr morgens. Das hörte erst auf, als ich entnervt gegen die Wand geklopft hatte. Danach war an Schlaf leider nicht mehr zu denken. Dementsprechend war ich schon um 7:15 Uhr auf den Beinen – mit satten 35 Kilometern bis zur nächsten Unterkunft vor mir.
Ich hatte mir aber fest vorgenommen, das Beste daraus zu machen, denn die heutige Etappe entlang der Bay of Islands versprach, wunderschön zu werden. Und das war sie auch- trotz des bedeckten Himmels! Zuerst lief ich über den Strand, wo die Felsen vollständig von Muscheln bedeckt waren – so etwas Beeindruckendes hatte ich noch nie gesehen. Danach führte mich ein Uferweg an herrlichen Buchten wie der English Bay, Mac Bay und Lemon Bay vorbei. Ich liebe diese naturbelassenen Strände einfach, es war ein Traum. Unterwegs traf ich dann noch Shane und Juli, diese beiden Kiwis, und es war so schön, sie noch einmal zu sehen.
In Opua angekommen, wartete die Fähre. Ich setzte nach Okiato über. Den ganzen Morgen über hatte ich mich auf einen Egg and Cheese Muffin gefreut. Weil die Fähre schon da war, dachte ich, den hole ich mir auf der anderen Seite. Tja, da gab es dann leider gar nichts, also hieß es: weiter wandern. Spannend fand ich aber, dass Okiato die erste Hauptstadt Neuseelands war – eine kleine historische Fußnote am Rande.
Danach ging es durch einige Waldstücke. Auch dieser Wald war genau nach meinem Geschmack: naturbelassen und wunderschön. Es war ein ständiges Auf und Ab, aber am Ende wurde ich dafür mit einer weiteren tollen Aussicht auf das Meer belohnt.
Leider musste ich heute auch viele Kilometer über Straßen zurücklegen, was sich ziemlich zog. Eine kleine willkommene Abwechslung war die Begegnung mit einem neuseeländischen Schädlingsbekämpfer, der die Fallen am Straßenrand kontrollierte. Ich dachte erst, er benutzt Erdnussbutter, aber es war eine Vanille-Zitronen-Paste, die nur so aussah. Sein Ziel ist es, Russel schädlingsfrei (Ratten) zu bekommen. Später traf ich noch einen Neuseeländer, der Austern züchtet – wieder eine nette Ablenkung und interessante Unterhaltung auf der langen Strecke.
Die Strecke zog sich wirklich unendlich, und mein Rucksack schien mit jedem Schritt schwerer zu werden. Ich schätze, es waren am Ende bestimmt mehr als 35 Kilometer. Es war definitiv genug für heute.
Ein echtes Highlight auf dem "fast" letzten Stück waren die Kauri-Bäume. Jeder einzelne von ihnen war beeindruckend, was Größe und Umfang angeht. Die Riesen haben mich zusätzlich aufgehalten, weil ich sie einfach bestaunen musste, aber es war es wert. (Anmerkung: Der größte noch lebende Kauri ist Tāne Mahuta oder Lord of the Forest. Der Baum hat eine Gesamthöhe von 51 Metern bei einem Stammumfang von 14 Metern und ist etwa 1.500…2.000 Jahre alt. Sehr viele noch größere Exemplare wurde frühzeitig nach der Besiedlung durch Europäer gefällt, weswegen die letzten Riesenexemplare unter strengem Naturschutz stehen).
Als die Schotterstraße für die letzten zweieinhalb Kilometer wieder in Asphalt überging, dachte ich ehrlich, ich schaffe es nicht mehr. Meine Schultern schmerzten und auch meine Füße wollten einfach nicht mehr weiter.
Trotzdem, es war 17 Uhr und ich schießlich angekommen! Diese Farm (The Farm, Kilometer 282, privater Partner des TA) ist ein Traum. Für nur ein paar Euro mehr habe ich die Bamboo Hut bekommen, die ist richtig süß und gemütlich. Und wie gesagt, Pad Thai zum Abendessen! Was will ich mehr nach so einem anstrengenden, aber auch schönen Wandertag?
02. November 2025 (Ziel bei Kilometer 328 – Whananaki)
Was für ein Tag! Jetzt, da ich in meinem Zelt liege und die Füße hochlege, merke ich erst, wie schwer meine Beine sind. Aber der Tag war es wert.
Der Start heute Morgen war einfach herrlich. Schon auf dem ersten Stück konnte ich das Meer sehen und hören – dieses beruhigende Rauschen, das sofort gute Laune macht.
Dann ging es auf den Helena Ridge Track. Zuerst schlängelte sich der schmale Pfad durch den Wald, über all die Wurzeln, die den Weg so uneben machen. Und dann begannen die Stufen. Unzählige angelegte Stufen führten steil hinauf – Schutz der Landschaft vor Erosion und Hilfe für die Wanderer im ansonsten rutschig-gefährlichen Steilgelände. Immerhin gab es zwischendurch immer wieder einen tollen Ausblick auf das Meer. Der Pfad, von Gras gesäumt, und die Stufen wollten nicht aufhören. Es fühlte sich an, als würde es endlos bergauf gehen.
Ich habe die Ruhe im Wald so genossen. Nur ich und der Wind, der die Bäume bewegte und dieses leise, knarrende und quietschende Geräusch erzeugte. Ein wunderschönes Gefühl, so ganz alleine unterwegs zu sein.
Der Wald war wirklich anstrengend, aber dennoch wunderschön. Nach gut zwei Stunden war ich froh, draußen zu sein und wieder durch Farmland zu laufen. Da wusste ich noch nicht so genau, was folgen würde.
Ich beobachtete, wie Rinder verladen wurden. Wahrscheinlich wurden sie zum Schlachten gefahren. Sehen wollte ich das nicht, ich als Pflanzenfresserin.
Danach kam dann der lange der Marsch über die Straßen. Zuerst sechs Kilometer Schotterstraße und dann weitere vierzehn Kilometer auf der normalen Straße. Ein zähes Stück, das die Füße ordentlich gefordert hat.
Aber ich hatte ein Ziel, das mir Kraft gab: Ich konnte das Meer förmlich riechen und wusste, dass die Campsite bei Whananaki nah war. Meine Belohnung für diesen langen Tag stand schon fest.
Ich war überglücklich, als ich endlich ankam und mir Fish and Chips bestellte! Darauf hatte ich mich den ganzen Tag gefreut, es war so ein Motivator, diese Vorstellung von knusprigem Fisch und Pommes. Und es war super lecker!
Danach war der Zeltaufbau kurzzeitig Nebensache. Nur noch schnell zum Ufer, um die lange Brücke über den Meeresarm für morgen zu inspizieren. Das war's dann für heute.
Letzte Nacht hat Dan, der Amerikaner, wirklich wahnsinnig geschnarcht. Ich hoffe sehr, mein Zelt steht heute in sicherer und schallgedämpfter Entfernung!
Jetzt krieche ich in meinen Schlafsack. Die Füße und Beine fühlen sich ganz schön schwer an. Ich hoffe, heute Nacht werde ich zur Abwechslung einen ruhigen Schlaf bekommen. Gute Nacht, Te Araroa!
4. November 2025 Mackerel Forest Track auf dem Te Araroa
Die heutige Etappe auf dem Te Araroa begann mit dem idyllischen Mackerel Forest Track, ein willkommenes Kontrastprogramm zur vorangegangenen Schotterpiste. Der Pfad führte durch einen großartigen, taufeuchten Wald auf einem mit Gras bewachsenen Untergrund.
Schon bald standen die ersten nassen Füße an: Es galt, gleich zwei kleine, knöcheltiefe Bäche zu durchqueren. Diese kleinen Flüsschen schlängelten sich anschließend malerisch neben dem Weg entlang.
Bald danach öffnete sich der Wald und ich wurde von einer üppigen Vegetation empfangen. Riesige Gräser säumten den Pfad und eine beeindruckende Blumenvielfalt umgab mich. An vielen Abschnitten wuchsen Callas und auch Kapuzinerkresse breitete sich überall aus. Neben dem gelben Hahnenfuß machten sich die orangefarbenen Blüten supergut zu dem Grün.
Nachdem der Wald in ein helles, offenes Gelände überging, endete leider der wunderbare Track schließlich und führte zurück auf die Straße.
Der Abschnitt auf der Straße war zwar lang (auf der Nordinsel gibt es zahlreiche Strassenabschnitte, weil viele Landbesitzer einen Wegverlauf über ihren Grund nicht erlauben), wurde aber durch das plötzliche Herauskommen der Sonne und wiederkehrende Ausblicke aufs Meer verschönert. Unterwegs sorgte eine Begegnung der besonderen Art für Abwechslung: eine spontane Wettkampf-Situation mit drei Bauarbeitern, die ihre Hütchen, Schilder und Ampeln einpackten und ich sie dabei immer wieder einholte. Zeitweise war ich sogar vor ihnen, so schnell ich bin.
Langsam näherte ich mich wieder dem Wasser. Ein sicheres Zeichen dafür sind die Mangroven, die auf beiden Seiten der Straße wuchsen. Was mich wirklich fasziniert ist die vielfältige Vogelwelt, insbesondere die Schopfwachteln und die ständig präsenten Eisvögel, aber auch viele andere, deren Namen ich nicht mehr kenne.
Zum Lunch gibt es heute mal Spinatwraps mit scharfer Mayo und Käse…es gibt Schlimmeres!
Der Tag fand seinen perfekten Abschluss an einem wunderbar ruhigen Camp, das wie auf einer Schatzinsel oberhalb des Meeres liegt. Zum Wasser ist es nicht weit. Die Stille des Ortes, untermalt vom Rauschen des Meeres und den Vögeln – hier könnte ich bleiben!
Zum Abendessen gab es noch einmal japanische Nudelsuppe mit Kartoffelpüree und Thunfisch, mit dem Vorsatz, beim nächsten Einkauf für mehr Abwechslung in der Outdoor-Küche zu sorgen.
05. November 2025: Patana North nach Whangarei Heads
Wieder einmal eine kurze Nacht – es will mir nicht gelingen,den Tiefschlaf in die zweite Hälfte der Nacht hinüber zu retten. Aber das wird noch! Auch hatte das stetige Rauschen des Meeres eine angenehm beruhigende Wirkung. Als ich morgens aus dem Zelt schlüpfte, lag noch ein dichter Nebel über der Küste. Das ich dennoch den Weg hinunter zum Strand fand, wurde mit einem herrlich mystischen Moment belohnt, als der Nebel an der Steilküste langsam aufstieg und dem morgendlichen Sonnenlicht Platz machte.
Der Strand gehörte mir allein, abgesehen von ein paar Möwen, zwei eleganten Austernfischern und einer gestrandeten Qualle. Beim Anblick des winzigen Berges neben meinem Zeltplatz fühlte ich mich wirklich wie auf einer Schatzinsel. Als ich zurückkam, wurde ich von Pekukos und Schopfwachteln empfangen, die munter um mein Zelt herumrannten – ein herzerwärmender Empfang!
Meine geplante Abmarschzeit musste ich wegen der Flut verschieben, da der Weg ein Stück am Strand entlangführt. (Auf der Ostseite der Nordlands ist bei Ebbe der Strand stellenweise sehr breit, doch bei Ebbe kann es an vorspringenden Felsnasen zu eng werden). Ich war voller wieder Vorfreude und gespannt, ob ich die in der Trail App angekündigten Rochen im Sand entdecken würde.
Um 10:30 Uhr machten wir uns mit den anderen auf den Weg, kamen aber nicht weit. Das Wasser war immer noch zu hoch. Wir mussten warten. Zum Glück zog uns der Besitzer des angrenzenden Grundstücks eine der Sitzgelegenheit in den Schatten und so wurde es ein angenehmer Vormittag. Ich habe mich etwas abseits auf die Felsen gesetzt und einfach das Wasser, die Sonne und die Stille genossen.
Wir mussten tatsächlich bis 12:30 Uhr ausharren, bevor wir weiterziehen konnten. Das Wasser war einfach zu hartnäckig. Endlich ging es los, am Strand entlang und dann hinein in den Mangrovenmatsch. Zuerst war das Wasser nur knöcheltief. Leider habe ich keinen einzigen Rochen gesehen – schade! Das letzte Stück ging es dann durchs Wasser, das mir aber nur bis leicht übers Knie reichte. Meine Hose blieb trocken!
Der Kampf durch die Mangroven war eine eigene Herausforderung. Obenauf ist der Schlamm gräulich-bräunlich, aber sobald man hineintrat, wurde er tiefschwarz – und Fäulnisgeruch machte sich breit. Als wir auf der anderen Seite ankamen, erwartete uns Ken, der Neuseeländer, mit Süßigkeiten. Ein willkommener Zuckerschub für den steilen Anstieg, der uns bevorstand! Meine Schuhe waren schwarze Klumpen an meinen Füßen, unglaublich schwer, als wir die Wiese hinaufstapften. Beim steilen Anstieg waren sie noch schwerer, ganz zu schweigen von dem Gestank!
Oben angekommen wurde ich mit einem atemberaubenden Blick auf den Strand belohnt. Genau dorthin ging es als Nächstes, denn am Ende des Strandes sollte unser Camp für heute Abend sein. Ich freute mich schon darauf, es bald geschafft zu haben und am Strand abhängen zu können. Wieder ein ganz fantastischer Tag – und das Beste: Er war noch nicht zu Ende, denn wir waren schon recht weit gekommen heute.
Es war dann allerdings doch noch etwas weiter als gedacht, aber nun steht mein Zelt wunderschön auf der grünen Wiese mit Kapuzinerkresse im Hintergrund. Mit meinen stinkenden Socken und Schuhen bin ich gleich nochmal zum Strand gegangen und habe alles ausgewaschen. Jetzt stehen sie schön schräg da und trocknen hoffentlich!
Zum Abschluss haben wir noch von einem Pärchen aus dem letzten Camp ein paar Dosen mit irgendeinem Getränk bekommen. Ein Bierchen wäre mir zwar lieber gewesen, aber ich bin trotzdem dankbar für die nette Geste und den gelungenen Tag.
06. November – Uretiti Camp
Die Müdigkeit sitzt mir nach der heutigen Wanderung in den Knochen, aber das laute Rauschen des Pazifiks, das nun direkt hinter den Dünen des Uretiti Camps zu hören ist, ist die perfekte Geräuschkulisse für diesen Rückblick. Was für ein Tag der Kontraste, zwischen steilen Anstiegen und endlosen Stränden, zwischen brennendem Asphalt und überwältigender Freundlichkeit.
Der Morgen startete friedlich nach einer fast durchgeschlafenen Nacht, wenn auch noch etwas verhangen. Doch aus dieser zunächst noch ruhigen Wetterlage wurde auf den ersten vier Kilometer ein steter, schweißtreibender Marsch durch den luftfeuchten Wald, der uns die ersten Höhenmeter abverlangte. Kaum waren diese geschafft, wartete der nächste Brocken, der berühmte Schmugglerpfad. Er ist körperlich ebenso fordernd – gefühlt ging es auch hier nur bergauf, um kurz darauf noch steiler bergab zu gehen – doch er bot mir die spektakulärsten Aussichten des Tages.
Die Aufstiege lohnten sich trotz des Schwitzens und Strauchelns ab und an allemal: der Blick auf die Strände und die sich windende Küstenlinie wurde mit jedem Aussichtspunkt überwältigender. Ich hätte alle paar Meter stehen bleiben können, um die Szenerie festzuhalten. In diesen Momenten kehrte das vertraute Gefühl meiner Zeit auf den Schiffen zurück: der weite Horizont, die kleinen Inseln in der Ferne, die Boote auf dem Wasser. Nur, dass ich heute nicht an ihnen vorbeigefahren bin, sondern, ja, vorbeilief. Sozusagen nicht Crewmitglied, sondern ein Wanderer im Angesicht der maritimen Unendlichkeit.
Wieder unten angekommen, nach gefühlten tausend Stufen, die die Knie gehörig beansprucht hatten, gab es eine kurze, wohlverdiente Pause am Strand – endlich war diese Plackerei vorbei! Ich hätte ewig bleiben und Muscheln sammeln können – aber da sie nicht mit nach Hause dürfen, musste ich sie schweren Herzens dem Sand überlassen.
Die nächste Etappe war ein Kampf gegen die Uhr und die Elemente: sieben anstrengende Kilometer bis zur Anlegestelle des Wassertaxis. Wer sagt, dass der Te Araroa nur Natur bedeutet, kennt die langen Straßenabschnitte nicht. Die Sonne brannte unerbittlich, und der aufgeheizte Asphalt strahlte die Hitze zurück. Ohne Straße wäre es wohl nicht das echte Neuseeland, aber ich hätte heute liebend gerne darauf verzichtet.
Drei Stunden Wartezeit waren eingeplant, aber wir hatten Glück: Blair, der Wassertaxibesitzer, kam mit seinem Traktor und Boot früher an. Gerade hatte ich mein Zelt zum Trocknen ausgebreitet, da hieß es schon wieder einpacken Ich beeilte mich und war dann bereit für die zweite Fährüberfahrt auf diesen ersten 450 Kilometern. Auf der anderen Seite angekommen, war der Frachthafen kein schöner Anblick, weshalb wir schnell weiter ging – allerdings mit einem kurzen Halt, um am Ausgang etwas Kühles zu trinken.
Die wahre Wohltat des Tages war jedoch die menschliche Freundlichkeit. Zu viert wollten wir zum Supermarkt, doch die nette Dame aus dem Imbisswagen hatte nur drei freie Plätze in ihrem Auto. Es dauerte aber nicht lange, bis sie Feierabend hatte. Wir stellten uns also zu zweit an den Highway und hielten den Daumen raus. Und wen traf ich? Dieselbe Imbissverkäuferin! Sie hatte doch noch Platz für uns alle gemacht und setzte uns direkt am Supermarkt ab – eine wunderbare Geste, die den Tag rettete.
Nach dem Einkauf trennte uns nur noch eine kurze Strecke vom Camp, größtenteils ein Traumstück entlang des Strandes. Endlos lang und fast menschenleer. Wieder Muscheln, wieder die unaufhörliche Sehnsucht, sie mitzunehmen nach Deutschland. Sogar ein unversehrter Sanddollar fand ich. Unweigerlich musste ich an Carmen denken; wir beide hätten hier von morgens bis abends gesammelt, davon bin ich überzeugt. Höhepunkt war die Durchquerung eines kleinen Flusses am Strand. So viele Austernfischern an einem Ort habe ich noch nie zuvor erlebt – einfach zauberhaft.
Jetzt bin ich im Uretiti Camp, geschützt hinter den Dünen. Die Sonne hat die Wiese leider schon verlassen, aber das laute Rauschen des Meeres ist der beste Trost. Mir reicht es für heute. Ich krieche gleich in meinen Schlafsack und freue mich auf die kommenden Tage, die laut Plan etwas einfacher und kürzer werden sollen. Gute Nacht!
Ah, da fällt mir noch ein Höhepunkt ein: nach dem ersten Anstieg heute Morgen ging es noch hoch auf einen Felsen mit fantastischem Rundumblick. Schade, dass man diese besonders beeindruckenden Momente nur richtig begreifen kann, wenn man….selbst dort war.
Was mir dabei auffällt: Ohne meine Notizen würden die ersten Tage auf dem 90-Mile-Beach schon verblasst sein. Wie wird das erst in drei Monaten sein….es ist gut, sich diese Erlebnisse aufzuschreiben, um sie nach dem ganzen Abenteuer nochmals in der Erinnerung durchleben zu können.
7. November 2025 zum Waorahi Camp
Was für ein Tag auf dem Trail! Der Morgen begann am Ureteti Camp, das ich bereits gestern Abend in mein Herz geschlossen hatte, besonders wegen des direkten Strandzugangs. Fast wäre ich heute Morgen zu faul gewesen, den Weg zum Strand für den Sonnenaufgang auf mich zu nehmen. Aber wie gut, dass ich mich doch noch aufgerafft habe! Die Sonne ging spektakulär auf, mit den Wolken und Inseln im Hintergrund – das Runterlaufen hat sich definitiv gelohnt.
Danach bin ich heute früh gestartet, schon bevor die Sonne ihre volle Kraft hatte.
Zunächst führte mich der Weg über den Strand der Bream Bay. Er zieht sich gefühlt endlos lang und war dabei fast menschenleer. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in der Hochsaison ganz anders aussieht.
Danach ging es weiter Richtung Waipu. Obwohl der Weg (wieder einmal) an der Straße entlangführte, war es angenehm zu laufen. Zum Glück gab es neben der Straße einen mit Schotter und Splitt angelegten Rad- und Fußgängerweg. Das machte das Wandern nicht nur angenehmer, sondern auch sicherer.
In meinem Kopf hatte ich schon die ganze Zeit eine Pie mit Spinat und Käse – die sollte es beim Bäcker geben. Und tatsächlich, ich bekam sie! Lecker, lecker!
Unterwegs lag wieder ein Friedhof (eine heimliche Leidenschaft von mir: Friedhöfe) mit Blick aufs Meer auf meinem Weg. Die alten, schön aufgereihten Gräber erzählten stumme Geschichten. Ein stiller, aussichtsreicher Ort, an dem ich mir vorstellen könnte, auch selbst irgendwann für immer zu ruhen.
Dann kam der Abzweig und es begann, langsam nach oben zu gehen. Ich hatte die Höhenmeter zwar heute Morgen in der FarOut App schon kurz gesehen, aber nicht weiter darüber nachgedacht – so mache ich das am liebsten. Auf dem Weg lagen riesige Grundstücke und Häuser mit Meerblick – schön gelegen und dennoch viele angeboten zum Verkauf.
Nach einer kurzen Pause ging es weiter. Die Straße stieg human stetig in Serpentinen an. Auf der Küstenseite wehte immer ein leichtes Windchen, eine willkommene Abkühlung bei den Temperaturen. Irgendwann hörte der Asphalt auf und ging in Schotter über. Der Blick aufs Meer und die weit hinter mir liegende Bucht mit ihren Stränden und Bergen war überwältigend. Das Beste daran: Ich bin genau diese schöne Strecke gelaufen!
Vom Schotter bog ich schließlich auf einen schattigen Waldweg ab, ein willkommener Schutz vor der direkt über mir stehenden Sonne. Der Weg schlängelte sich schön durch die Bäume, wurde schmaler und es gab ständig knackige Anstiege. Bei jedem dachte ich, jetzt kommt das Waorahi Camp, aber es hat sich dann doch noch hingezogen! Die letzten 3 km waren nochmal richtig anstrengend.
Der Te Araroa weicht auf diesem Stück immer wieder einmal von der Küstenline ab, weil dort die felsigen Ausläufer der kleinen Gebirgszüge ein Durchkommen unmöglich machen. Dafür geht es auf solchen Etappen dann durchaus vier, fünf Mal an einem Tag steil bergauf und bergab.
Aber die Mühe hat sich gelohnt! Schon um 14:30 Uhr waren wir im Waorahi Camp. Es ist traumhaft gelegen: eine riesige, gewölbte Wiese mit Blick auf die Küste. Es gibt sogar eine überdachte Holzterrasse mit Sitzgelegenheiten. Wasser und Toilette sind vorhanden – mehr brauche ich nicht.
Wir sind bisher auch nur zu viert, was die Ruhe hier nur noch verstärkt. Außer Vögeln ist nichts zu hören – einfach wunderbar!
Heute Abend gab es Couscous mit Tomate und Thunfisch. Mir geht es richtig gut.
Die Sonne scheint noch, und ich bin gespannt auf den Sonnenuntergang. Eben konnte ich noch die Berge auf der anderen Seite sehen, aber jetzt verschwinden sie langsam in einer langen, weißen Wolke... Aotearoa – Land der langen, weißen Wolke - halt. Es ist phänomenal, wie sich die Wolke über die Bucht schiebt.
Wieder ein großartiger Tag auf dem Te Araroa und ich bin glücklich!
Die Strecke von Kaitaia nach Whangaparaoa ist ein langer und abwechslungsreicher Abschnitt des Te Araroa Trails auf der Nordinsel Neuseelands, der Wandernde durch einige der anspruchsvollsten Waldgebiete der Nordinsel sowie entlang malerischer Küsten- und Farmregionen führt. Die Route ist bekannt für ihre körperlichen Herausforderungen, insbesondere in den Waldabschnitten, und erfordert eine sorgfältige logistische Planung. Die Waldpassage: Kaitaia bis Kerikeri Der Weg beginnt kurz nach Kaitaia, einer wichtigen Versorgungsstadt nach dem Ninety Mile Beach, zunächst mit Passagen auf Farmwegen und Straßen, bevor er in das Herz der nordländischen Wälder eintaucht. Der Raetea Forest ist dabei der berüchtigtste Abschnitt. Dieser Waldpfad ist technisch sehr anspruchsvoll, oft steil und selbst in trockenen Perioden aufgrund von häufigen Rutschen und umgestürzten Bäumen nur schwer passierbar; nach starkem Regen wird der Weg extrem schlammig, was die Gehzeit erheblich verlängert. Wandernde berichten von zermürbenden 12- bis 15-Stunden-Tagen für die etwa 18 Kilometer lange Strecke. Die Route führt über den Mangamuka Saddle und hohe Gipfel, wobei die Anstrengung durch gelegentliche, atemberaubende Ausblicke auf das Umland und das ferne Meer belohnt wird. Nach dem Raetea folgen die Ōmahuta und Puketī Forests, die ein ähnliches, wenn auch oft etwas weniger extremes Walderlebnis bieten. Diese Wälder sind die Heimat der majestätischen Kauri-Bäume. Der Schutz der Kauri-Bäume vor der sogenannten Kauri-Sterbe-Krankheit (verursacht durch den Pilz Phytophthora agathidicida) ist hier allgegenwärtig und Wandernde sind verpflichtet, spezielle Desinfektionsstationen für Schuhe und Ausrüstung zu nutzen und auf den ausgewiesenen Wegen zu bleiben. Die Überquerung von Flüssen wie dem Waipapa River kann je nach Wasserstand eine Herausforderung darstellen, weshalb offizielle Umgehungen (Bypässe) über Forststraßen existieren. Die Passage durch die Wälder endet in der größeren Stadt Kerikeri, die eine wichtige Gelegenheit zur Erholung und Wiederauffüllung der Vorräre bietet. Küste, Farm und Übergang: Kerikeri bis Whananaki Von Kerikeri aus führt der Trail durch ländliche Gebiete, Forstplantagen und erste küstennahe Abschnitte. Der Weg durch den Waitangi Forest bietet die erste klare Sicht auf den Pazifischen Ozean. Über Waitangi und entlang des Kerikeri River führt die Route zur Bay of Islands. Bei Opua erfolgt eine kurze, obligatorische Fährüberfahrt nach Okiato, dem historischen Standort der ersten Hauptstadt Neuseelands. Der folgende Weg schlängelt sich entlang der Bay of Islands, oft auf Küstenpfaden und Stränden mit faszinierenden Felsformationen und Muschelansammlungen. Ein signifikanter Anteil dieser Etappe verläuft jedoch auch über ländliche Straßen und Schotterwege, was physisch wenig abwechslungsreich ist. Diese Straßenmärsche führen durch Farmland mit Weiden und gelegentlichen Kauri-Wäldern. Die Etappe endet in der Region um Whananaki, einem malerischen Küstenort, bekannt für seine lange Fußgängerbrücke über einen Meeresarm. Gezeiten und Mangroven: Whananaki bis Whangaparaoa Der letzte Teil der Strecke ist stark von der Küstennähe geprägt und beinhaltet sowohl herausfordernde Höhenmeter als auch Abschnitte, die von den Gezeiten abhängen. Abschnitte wie der Helena Ridge Track sind steil und erfordern das Überwinden zahlreicher angelegter Stufen, werden aber mit hervorragenden Ausblicken auf das Meer belohnt. Andere Tracks, wie der Mackerel Forest Track, führen durch feuchte, üppige Wälder mit Bächen und dichter Vegetation. Die größte Herausforderung in diesem Abschnitt sind die gezeitenabhängigen Strandpassagen und die Durchquerung von Mangrovensümpfen. Hier muss zwingend bei Ebbe gewandert werden, da die Felsnasen bei Flut unpassierbar sind und die Durchquerung der Mangroven (z. B. bei Patana North) nur bei niedrigem Wasserstand sicher möglich ist. Der Mangrovenschlamm ist oft knietief, tiefschwarz und von intensivem Fäulnisgeruch, was die Wanderung durch das schwere Gelände sehr mühsam macht. Nach Überwindung dieser letzten Hürden führt die Route über Strände und sanfte Hügel in die Region um die Whangarei Heads und weiter bis zum Endpunkt Whangaparaoa. |
08. November 2025: Freundliche Neuseeländer und Nieselregen
Auch wenn die Nacht nicht optimal war, fühlte ich mich heute Morgen überraschend ausgeruht. Ich war die ganze Zeit wach und meinte, ständig die Kiwis rufen zu hören. Ich bin mir sicher, das waren sie! Früh am Morgen, als ich sowieso schon wach lag, lauschte ich dem Gesang eines anderen Vogels – es war wunderschön.
Der Blick auf die Bucht blieb mir wegen des Nebels verwehrt, aber ich wusste, dass es früher oder später besser werden würde. Nach einem schnellen Frühstück packte ich alles zusammen, denn der Plan war, den Riverside Holiday Park früh zu erreichen. Meine Kleidung war dringend reif für die Waschmaschine, es war wirklich nötig.
Los ging es gleich stetig bergauf über einen schmalen Pfad. Früh am Morgen hatte es kurz geregnet, und im nassen Gras wurden meine Schuhe und Beine schnell feucht, aber das war mir egal. Früher fand ich nasse Füße furchtbar, aber hier auf dem Trail ist es normal geworden und macht mir nichts mehr aus.
Als ich den Wald hinter mir ließ, setzte sich der Weg auf Schotter fort, bis ich privates Weideland erreichte. Wir Hiker dürfen hier passieren, obwohl das nicht alle Grundstücksbesitzer gerne sehen. Heute hatte ich Glück und konnte mir einen Umweg sparen. Die Schafe in ihren verschiedenen Farben ließen sich weder von mir noch vom einsetzenden Nieselregen stören.
Kurz darauf lief ich auf einem schmalen, befestigten Schotterweg durch einen kleinen Wald, während der Nieselregen langsam aufhörte. Es ist unglaublich, dieser Wechsel: Eben noch auf der Weide, und jetzt war ich plötzlich von Palmen und Lianen umgeben – was für ein Wahnsinn.
Schon bald befand ich mich auf dem Mangawhai Cliffs Walk, einem Küstenpfad, der mir immer wieder Blicke auf das Meer freigab, wenn die Bäume es zuließen. Der Nebel hatte sich noch nicht komplett verzogen, und die Sonne musste sich erst durchkämpfen.
Der nächste Abschnitt führte mich dann einige Kilometer über den Strand – schwarzer Sand und Muscheln, genau das Richtige für mich. Hier ein Schwätzchen mit einem Hundebesitzer, dort mit einem Angler, und auch Anwohner traf ich reichlich. Diese vielen kleinen Unterhaltungen gehören zu meinem Alltag hier. Die Neuseeländer sind so freundlich, unglaublich sympathisch und offen, das gefällt mir sehr. Bevor ich den Strand verlassen musste, gab es noch einen kleinen Snack zu Mittag direkt am Wasser. Die Möwen sammelten sich gierig um mich, aber für sie gab es nichts ab.
Es war schade, als der Strand endete und ich zurück auf die Straße musste. Einem Gleitschirmflieger habe ich noch eine ganze Weile zugesehen – über dieser Bucht zu fliegen, das würde mir auch gefallen. Die Straße war zum Glück in Ordnung, nicht viel Verkehr und genug Platz für Fußgänger, was hier nicht immer der Fall ist.
Zwischendurch schüttelte ich mir den Sand aus den Schuhen, ich hatte einiges „gesammelt“. Als ich weiterlief, bemerkte ich zuerst nicht, dass die Rufe, die ich hörte, mir galten. Es waren Kate und Julia – aus Neuseeland und Spanien. Mit ihnen und sechs anderen bin ich anfangs auf dem Ninety Mile Beach zusammen gelaufen. Es war eine gute Zeit, aber unsere Geschwindigkeiten sind unterschiedlich. Die beiden waren verletzt und machten gerade eine Pause; Nate wohnt hier in Mangawhei. Später stießen auch noch die anderen aus unserer ursprünglichen Truppe dazu. Ich hoffe wirklich, ich treffe die Gruppe bald wieder.
Das Städtchen Mangawhai selbst war nichts Besonderes. Ich war schnell hindurch und auf der Brücke. Mir fiel nicht sofort auf, dass Muschelbruchstücke in den Gehweg eingearbeitet waren – sehr originell.
Nach der Brücke kam noch einmal ein schmaler Schotterweg, und schon war ich auf dem "Boardwalk" – einem Steg durch die Mangroven. Er wurde 2020/2021 komplett neu von Freiwilligen gebaut, nachdem ein Zyklon den alten zerstört hatte. Es ist wirklich toll, was Freiwillige alles bewirken können.
Danach war es nicht mehr weit. Ich habe jetzt einen schönen Platz am Wasser gefunden, die Wäsche ist wieder sauber, ich habe lecker gegessen und mit den anderen zusammengesessen. Ich wollte das Wifi ausnutzen und habe telefoniert. Dann wurde es aber wirklich Zeit zum Aufräumen der ausgebreiteten Sachen
Nun liege ich schon im Zelt und lausche dem Regen, der auf mein Zelt prasselt Was mir noch einfiel: Ich hatte vergessen, über den lokalen Markt zu gehen! Die Stände wurden zwar schon abgebaut, aber ich bin noch kurz drüber gelaufen. Ein Stand bot frisch gebackenes europäisches Brot an. Der Verkäufer drückte mir eine Tüte in die Hand, und schon hatte ich einen leckeren Donut. Heute Nacht schlafe ich bei Kilometer 471.
Der Trail ist herausfordernd für mich, die ich nun 60 Jahre bin. Es gibt keinen Tag, der ohne Anstrengung verläuft. Höhenmeter gibt es immer, aber alles ist es wert. Neuseeland ist ein Traum, zumindest das was ich bisher gesehen habe. Ich hoffe, ich schaffe den ganzen Weg bis Bluff.
09.November 2025 Riverside Park nach Pakiri Beach (493 km) – Regen, Sonne und Nebel am endlosen Sandstrande
Der Morgen begann nass, denn die Nacht hatte uns ordentlich Regen beschert und auch am frühen Vormittag tröpfelte es noch. Am liebsten wäre ich schon vor Sonnenaufgang losgezogen, doch ich wusste, dass das Wasser in den Flüssen und am Strand wegen der Flut noch zu hoch sein würde. Trotzdem konnte ich es kaum erwarten, den Rucksack zu schultern. Genug vom feuchten Zelt und den schmutzigen Klamotten – ich war bereit für den Aufbruch, auch wenn es bedeutete, eine Weile am Strand warten zu müssen, bis die Ebbe kam.
Wieder einmal führte mich der Weg zuerst über eine Straße. Das war weniger idyllisch, aber zum Glück hielt sich der Verkehr in Grenzen. Mein Blick schweifte über ein riesiges, in diesen Ausmaßen mir bisher unbekanntes, Maisfeld. Eine Abwechslung in der Landschaft! Während die höheren Berge noch in graue Wolken gehüllt blieben, strahlte über mir bereits die Sonne, was für eine feucht-warme Luft sorgte.
Als ich in einen Kiefernwald eintauchte, erhaschte ich schon von Weitem einen ersten Blick auf das Meer. Kurz darauf traf ich auf die anderen Wanderer unserer Gruppe, die gestern eine beachtliche Strecke von 36 Kilometern zurückgelegt hatten, um wieder aufzuschließen. Schwupps, und schon standen wir wieder am Strand, der, wie so oft auf diesem Trail, einfach einmalig war. Das Wasser reichte noch ziemlich hoch und meine Füße wurden schnell nass – aber das war ich ja inzwischen gewohnt und es machte mir absolut nichts mehr aus. Ein schöner Anblick waren die Seevögel, die sich auf einer Sandbank in der Sonne räkelten.
Obwohl die Flut immer noch weit in den Sand reichte, war das Laufen hier ein Traum. Überall lagen Jakobsmuscheln herum – so viele, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte! Am liebsten hätte ich sie gleich säckeweise gesammelt, um mein Muschelglas zu Hause zu füllen. Es war faszinierend, die vielen Muscheln und unsere Spuren im feuchten Sand zu sehen. Der Himmel über dem Meer zeigte sich azurblau mit leichten Schleierwolken, doch der Blick nach rechts über die Dünen offenbarte dicke, graue Wolken. Ich zog es vor, nach links zu schauen und das schöne Blau zu genießen.
Der Strandabschnitt war wirklich traumhaft, besonders am Ende, wo eine Surfschule ihre Boards und Ausrüstung aufgebaut hatte und unzählige Surfer im Wasser waren. Nach einer kurzen Rast folgte ein steiler Aufstieg über einen kleinen, grasbewachsenen Pfad. Von oben bot sich mir ein atemberaubender Blick auf die wunderschöne Küste. Das war wirklich ein Traum.
Da oben, auf dieser Umgehung der felsigen Küste, überraschte mich ein kräftiger Schauer. Ich konnte gerade noch meinen Poncho überziehen. Es ging dann durch ein kleines Wäldchen und über ein kurzes Stück Straße schnell wieder zurück zum Strand. Zum Glück hörte der Regen nur kurze Zeit später wieder auf. Es blieb bei einer heftige, aber kurze Dusche. Der Poncho war schnell getrocknet, konnte verstaut werden, und weiter ging es am nächsten Strand netlang, den wolkenverhangenen Bergen entgegen.
Nachdem wir den Poutawa Stream durchquert hatten, lagen noch einige Kilometer des wunderschönen Strandes vor uns. Die vorgelagerten Inseln verschwanden immer wieder hinter weißen Wolken, die aussahen wie Zuckerwatte. Im nächsten Moment waren sie wieder sichtbar und andere Inseln verborgen.
Nachdem ich den letzten Fluss für diesen Tag durchwatet hatte, lagen noch gut fünf Kilometer bis zur Campsite vor mir. Daraufhin stand ein Anstieg von knapp 400 Höhenmetern auf den letzten zwei Kilometern bevor. Lieber wollte ich heute noch etwas weiterkommen, denn ich wusste, dass auch der morgige Tag anstrengend werden würde. Um mich für die letzten Kilometer zu motivieren, gönnte ich mir an der letzten Möglichkeit ein Eis und eine neuseeländische Limo. Das "kleine Stückchen" würde ich jetzt spielend schaffen! Der eben überquerte Fluss verlief nun zu meiner Rechten, gesäumt von Mangroven. Die Berge hatten derweil schon wieder eine Wolke als Mützchen aufgesetzt.
Das Schild für das letzte Stück wies auf 2,5 Kilometer und 45 bis 60 Minuten Gehzeit hin! Oh Mann, diese letzte Etappe hatte es wirklich in sich! Ich lief direkt in den Nebel hinein, der immer dichter wurde, je höher ich stieg. Ich dachte, es käme kein Ende mehr. Nur das Meer sah ich als schmalen blauen Streifen in der Ferne. Schweißgebadet erreichte ich endlich den höchsten Punkt und war froh, an der Campsite anzukommen – wieso muß die auch so hoch oben liegen?!
Nass geschwitzt und dem Wind ausgesetzt, war es bei der Ankunft etwas unangenehm. Wie gut, dass ich eine Regenhose dabeihatte! Aber ich war heil angekommen. Schnell hatte ich das Zelt unter einer schützenden Pergola aufgebaut, gekocht und gegessen. Das Wetter blieb ungemütlich, windig und kühl. Nach dem Essen und dem Sortieren meiner Ausrüstung war ich froh, in meinem warmen Schlafsack zu liegen.
Meinem Rücken geht es zum Glück gut. Ich habe Zeltnachbarn aus Malaysia, die leider ziemlich laut waren. Ich musste höflich etwas sagen, aber danach herrsch nun Ruhe. Es tröpfelt immer wieder leicht. Ich hofft inständig, dass es morgen trocken sein wird – der nächste Tag wird schließlich auch trocken anstrengend genug werden.
10. November 2025 Nieselregen, Wald und reichlich Höhenmeter
Was für ein Wahnsinnstag liegt hinter mir! Zehn Stunden habe ich für gerade mal 21 Kilometer gebraucht – das sagt wohl alles über die Anstrengung dieses Abschnitts. Nach der langen Küstenwanderung gestern ging es heute tief ins Landesinnere, über zahllose Bergkämme und durch dichten Wald.
Ich merke jeden Tag mehr: Genau das, was ich seit Jahren wollte – eine richtig lange Fernwanderung – habe ich jetzt, und ich liebe es. Je länger ich unterwegs bin, desto besser gefällt es mir, trotz aller Strapazen. Ich hatte es mir anstrengend vorgestellt, aber jeden Tag so intensiv? Das hatte ich nicht erwartet, da habe ich wohl nicht ausreichend recherchiert. Aber egal, ich klopfe mir abends regelmäßig auf die Schulter, wenn ich es wieder geschafft habe.
Der Tag begann, wie der gestrige endete: Alles wolkenverhangen und die fünf Hühner der Besitzerin standen erwartungsvoll vor der Küchentür. Meine Socken vom Vortag hingen noch nass vom Nebel auf der Leine. Wobei: Trockene Socken hätten heute sowieso nicht viel gebracht. Nach den ersten Metern durch knie- und hüfthohes, regennasses Gras waren Schuhe und Socken sofort nass, und bald auch die Hose. Ach ja, und neben meinem Zelt haben zwei Jungens aus Malaysia gezeltet – einer davon hat die ganze Nacht so fürchterlich geschnarcht, da wünscht man sich wirklich ein Zelt mit "Schallschutz".
Um 7:30 Uhr ging es nahe des Pakiri Beach los. Wir hatten etwa zehn Stunden veranschlagt und die haben wir auch gebraucht. Allein für das erste Waldstück brauchten wir drei Stunden, es war ein ständiges Rauf und Runter. Wir machten eine kurze Pause an einem Hubschrauberlandeplatz und hatten sogar ein paar flüchtige Ausblicke auf die Küste. Die Wolken waren aber so schnell, dass man das Panorama wirklich nur kurz genießen konnte.
Nach dem Waldstück kam erfreulicherweise ein Stück Straße und ich war richtig dankbar dafür – das Laufen durch den feuchten Wald war nämlich superanstrengend. Vor dem zweiten Waldstück gab es eine schnelle Mittagspause: ein Wrap mit Käse und Mayo.
Danach ging es richtig los: Alles war rutschig, matschig, steil rauf und runter. Regina und Tino träumten schon von Lasagne, Pizza und Bier. Ich betonte zwar immer wieder, dass es nicht mehr weit sei – war es aber! Der Wald an sich war wunderschön, fast wie ein Urwald. Mystisch bei dem feuchten Wetter, das die Pflanzen, Moose und Flechten sichtlich lieben. Man sah kaum Spuren menschlichen Eingreifens. Ein kleiner Fluss schlängelte sich neben unserem immer schmaler werdenden Pfad. Als wir ihn durchqueren mussten, war es eine willkommene Gelegenheit, die total matschigen Schuhe und Socken abzuspülen.
Am Nachmittag setzte Regen ein, aber im Schutz des Waldes war es erträglich. Später konnte ich kaum noch sagen, ob ich nass vom Regen oder von der Anstrengung war. Wahrscheinlich war es beides. Als wir glücklich aus diesem Waldstück rauskamen, freuten wir uns schon wieder über den Schotterweg – Hauptsache kein Wald mehr! Doch steil ging es bergauf, und da war er wieder, der Wald. Das gleiche Spiel wie den ganzen Tag: Rauf und runter, Matsch und Regen. Wieder betonte ich: "Es ist nicht mehr lange!"
Es war noch lange genug. Als es endlich zum letzten Mal abwärts ging, war ich überglücklich, das Gebäude des Dome Cafés an der Route 1 zu sehen. Leider ist es dauerhaft geschlossen. Aber die netten Besitzer erlauben uns TA-Hikern, hier zu zelten, die Outdoorküche zu benutzen und sogar auf der Holzterrasse oder im Yogaraum zu übernachten. Im Yogaraum campieren heute Nacht 16 Leute – die waren alle schon vor uns hier und haben abgekürzt, indem sie per Anhalter gefahren sind. Wir aber haben es uns nicht nehmen lassen, dieses Teilstück unter diesen Umständen zu erwandern. Trotz der Anstrengung war es eine Bereicherung.
Ich konnte mein Zelt gerade noch aufstellen, bevor ein richtiger Platzregen kam. Die Wiese steht an einigen Stellen unter Wasser, ich bin gespannt, ob es innen trocken bleibt. Nach einer Wäsche mit Waschlappen und heißem Wasser fühle ich mich schon viel besser. Warme, trockene Klamotten an – herrlich. Das war mir lieber als kalt zu duschen.
Morgen geht es weiter – jetzt aber erst einmal eine hoffentlich ruhige Nacht!
11. November 2025
Rückblickend war der heutige Wandertag auf dem Te Araroa ein Tag der Kontraste:
Die Nacht zuvor war wider Erwarten wunderbar ruhig. Ich muss Tino wirklich dankbar sein, der mir seine Ohrstöpsel geschenkt hatte. Sie waren mein Retter vor Dans lautem Schnarchen, denn er hatte sein Zelt gestern Abend, nach seiner sehr späten Ankunft, direkt neben meinem aufgestellt. So hörte ich nur die Autos auf dem Highway gedämpft, aber Hauptsache, das Schnarchen war ausgeschaltet. Ich hatte meine Ruhe.
Nach einigen kräftigen Regenschauern am Morgen genoss ich mein Frühstück unter dem Schutz des Shelters. Doch dann riss der Himmel auf und bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel machte ich mich auf den Weg. Einmal schnell über den Highway und schon ging es auf einer Schotterpiste weiter.
Der Tagesbeginn brachte zur Abwechslung einen gemäßigten Anstieg, gefolgt von einem angenehmen Abstieg im Schatten. Der Schotter war durch die abgefallenen Nadeln der Bäume weich gepolstert – ein Genuss für die Füße. Die Ruhe hier im Wald war nach dem Autolärm des letzten Camps einfach herrlich. Das ganze Grünzeug am Wegesrand wäre ein wahres Paradies für meine Schildkröte zu Hause!
Der breite Weg wich dann aber doch einem schmalen Pfad. Es folgte ein kurzes, steiles Stück bergauf, bevor es direkt wieder bergab ging. Die Sonne schien, und die Regentropfen glitzerten an den Palmen und Farnen. Der viele Regen hatte den Boden ziemlich aufgeweicht, aber ich konnte ohne Probleme laufen. Meine feuchten Klamotten trockneten schnell, nur die Schuhe blieben nass – daran wird sich wohl auch nichts ändern, bis ich in Auckland neue kaufe. Die erste Garnitur ist langsam durch und ausgenudelt. Immer wieder boten sich mir atemberaubenden Ausblicke in die Landschaft - eingerahmt von Farnen, wie durch einen Bilderrahmen.
Zurück auf einer Schotterpiste ging es wieder bergab. Ich war regelrecht dankbar nach gestern dafür, heute auf Schotter laufen zu können. Ich wunderte mich einmal mehr, wie fit ich jeden Morgen bin; die Anspannung in den Muskeln vom Vorabend ist dann wie vergessen.
Ein großer Wermutstropfen war allerdings die Reklamation meines Rucksacks. Die Polster des Hüftgurtes schieben sich ständig zusammen, sodass die Schnallen auf meine Hüftknochen drücken – das ist sehr unangenehm. Die Antwort auf meine Fotos und das Anschreiben war ziemlich enttäuschend: Der Rucksack, den ich insgesamt erst gut neun Wochen auf dem Rücken hatte und der für mich noch relativ neu ist, schien laut Hersteller zu alt zu sein. Man riet mir, einen neuen Hüftgurt zu kaufen. Das hilft mir nicht weiter. In Auckland muss ich mich wohl oder übel nach einem neuen Rucksack umsehen, denn so kann ich nicht weiter gehen unter Schmerzen an den Druckstellen.
Der Te Araroa bog dann wieder von der Schotterpiste ab und ich fand mich auf einer Weide wieder. Sanft schwangen sich die Hügel in die Ferne und unter mir grasten Schafe.. Der Himmel zog sich zwar etwas zu, aber ich hoffte, dass es trocken bleiben würde. Die kleinen Lämmer liefen mir neugierig hinterher – wirklich süß.
Nach der Weide ging es zurück auf Schotter. Wir passierten einen Bereich, wo großflächig die Hänge abgeholzt worden waren. Die Kahlschlagsstellen sahen ganz schön wüst aus. Der anschließende Dome Moirs Hill Track hatte es mit seiner Steigung dann noch einmal in sich.
Nach dem Kahlschlag ging es wieder durch ein Gebiet mit Palmen und Farnen. Ich passierte ein kurzes, aber anstrengendes Waldstück mit matschigem, rutschigem Untergrund. Dann kam ich auf einen schmalen Wiesenpfad, von dem ich die wunderschöne hügelige Landschaft überblicken konnte. Kurz darauf war ich schon wieder in einem Wäldchen mit lehmigem, rutschigem, matschigem Boden. Dieser ständige Wechsel heute war unglaublich: Wald, Straße, Splitt, Matsch…!
Um der „Bubble“ zu entkommen, hatten wir geplant, an der Campsite nach 21 km zu entscheiden, ob wir noch weitere 6,5 km laufen. Letzte Nacht waren einfach zu viele Hiker im Camp gewesen.
Zur Abwechslung gab es wieder ein langes Stück Straße, schön bergauf. Leider übersah ich im Hinterhertrotten meines Vordermanns die Wegabbiegung nach links. Wir waren schon weit oben am Berg, mussten aber wieder runter und den ganzen Anstieg auf dem richtigen Weg erneut bewältigen – unnötige Extrakilometer.
Wie vorab schon geplant lief ich an der Remiger Road Campsite vorbei. Dort machten in dem Moment nur die drei Jünglinge (Clem aus UK, Gianni aus Deutschland, Edward aus NZ) eine Pause. Niemand sonst war da. Dennoch, ich wollte noch ein paar Kilometern die Straße weiter, um einen ruhigeren Platz für die Nacht zu finden.
Die Campsite in Puhoi ist ganz schön, aber die Besitzer sind wirklich nicht zu empfehlen. Die Toilette ließ zu wünschen übrig und von der Außendusche ganz zu schweigen. Ich habe mir nur den Matsch von den Beinen gewaschen. Das muss für heute reichen. Morgen soll es regnen, der erledigt den Rest... Nein, Spaß! Morgen gibt es eine richtige Dusche!
Ich war noch kurz einkaufen und habe wie jeden Tag lecker gekocht: eine "Ramen Bomb" aus Ramen, Kartoffelpüree und Thunfisch.
Was wirklich süß ist: die Enten mit ihren Küken und die Hühner, die hier herumlaufen. Beim Zähneputzen wurde ich gerade die ganze Zeit von einem Eisvogel (Kingfisher) vom Nachbargrundstück aus beobachtet.
Jetzt liege ich im Zelt und freue mich auf morgen. Nur 20 Kilometer – ein Spaziergang!
Tagesrückblick 12. November 2025
Nach einer wie immer kurzen Nacht habe ich mich schnell fertig gemacht, um vom Campground wegzukommen. Ich hätte wirklich gerne dort gefrühstückt, aber die Besitzer waren alles andere als nett oder freundlich. Im Nachhinein wäre es dann doch vermutlich direkt in Puhoi gewesen, aber manchmal ist das eben so – hinterher sind wir alle schlauer.
Zum Glück gab es im Ort ein superleckeres Brötchen mit Käse und Ei! Danach konnte ich gestärkt durchstarten. Ich wollte heute unbedingt schnell sein, um dem angekündigten großen Regen zuvorzukommen. „Hoffentlich klappt es!“ dachte ich, während ich durch das süße, kleine Örtchen lief: Eindeutig hatten wir uns für die falsche Campsite entschieden.
Dann hieß es erst einmal wieder: Straße laufen. Zum Glück gab es einen Streifen für Radfahrer, der direkt zwischen den zwei Fahrbahnen verlief. Es war schon ein komisches Gefühl, mitten auf dieser stark befahrenen Straße zu laufen. Glücklicherweise verlief der Streifen bald wieder rechts am Straßenrand, und die Autos rauschten nur noch „einseitig“ an mir vorbei.
Puh, was für ein Anstieg dann! Ziemlich steil, aber als Belohnung war oben der häßliche Schallschutz mit Geißblatt bewachsen. Der süße Duft überdeckte die Autoabgase wunderbar. Wie schön! Über den nächsten Hügel drüber, sah ich links das Meer glitzern.
Ich hatte heute Morgen genügend Zeit herausgelaufen und lief nun noch durch den Wenderholm Park. Der TA umrundet die kleine Halbinsel und ich hätte die drei Kilometer glatt abkürzen können. Dort entdeckte ich als Schriftzüge auf einer Treppe genau mein Motto, das mich sofort motivierte:
• „Aim high“ - „Be persistent“ - „Reach your hola“ (Setze dir hohe Ziele, sei beharrlich und beleibe dran, dann erreichst du sie auch!)
Wieder gab es diesen superschnellen Wechsel: von Highway ging es zum herrlichen Blick auf die Küste, umgeben von Palmen – und dann wieder zurück. Alles innerhalb von 20 Minuten! Die ganze Zeit hoffte ich, dass das Knacken und Knistern über mir nur vom Blätterdach stammte und keine Regentropfen waren. Ich drückte beide Daumen, dass es trocken blieb.
In der Kokoru Bay stieg das Wasser schon ganz schön schnell! Nach der Brücke, an Waiwera vorbei: Ein Schild mahnte zur Vorsicht, dass überall Enten herum sitzen. Wieder am Wasser angekommen, musste ich mich beeilen. Ich hatte zwar noch genug Zeit, um den Strand und die Felsen bis zur Flut zu überqueren. Wie gut, dass ich heute Morgen so früh aufgebrochen und nicht getrödelt hatte!
Ich hatte noch mit einer Anwohnerin gesprochen, die meinte, es sei auf jeden Fall bis zur Flut zu schaffen. Ich war auch wirklich schnell unterwegs, bis ich plötzlich Panik bekam: Ich schaffe es nicht! An einer Stelle war das Wasser so hoch, dass ich bereits nasse Füße bekommen hätte – wenig später wäre es bis ans Knie gegangen. Und es lagen noch zwei weitere Kilometer entlang der Felsen vor mir! Bevor ich diese Strecke voller Panik lief, entschied ich mich, die Stufen am Strand zu nehmen und lieber aufzusteigen. Auf dem Weg oberhalb der Klippen ich viel beruhigter und musste mich erst einmal orientieren.
Den Weg „oben herum“ fand ich dann aber doch recht leicht. Nach der kurzen Pause, um mich wieder zu beruhigen, sollte es noch anderthalb Stunden bis zur Campsite sein. Es sollte also noch vor dem Regen alles klappen. Später traf ich dann Steffi, Tim und Dirk, die unten über die Felsenklippen gelaufen waren. Steffi, die ziemlich groß ist, meinte, es wäre ganz schön beängstigend und gefährlich gewesen. Ich habe definitiv alles richtig gemacht. Ich möchte heil nach Hause kommen und meine Familie und Freunde wiedersehen.
Das letzte Stück war wieder Straße. Hier in Owera ist schon ein bisschen mehr los als auf den letzten Kilometern. Ich bin nochmal runter zum Strand und bin da ein Stück gelaufen. Der Wind bläst ordentlich und auch auf dem Meer ist richtig was los.
Zwischendurch hat es mal getröpfelt, aber ich kam trocken zur Campsite zurück! Dort wartete ich auf Regina und Tino. Später wollte ich dann noch das Zelt aufzuschlagen.
Ich habe schon gewaschen, geduscht und gekocht. Jetzt hängen wir alle zusammen im Aufenthaltsraum ab. Es sieht ziemlich grau aus, und draußen schüttet es. Vielleicht ziehe ich gleich mal meine Regensachen an und gehe einkaufen. Der Futterbeutel ist nämlich leer! Vielleicht werden wir auch zusammen im Aufenthaltsraum übernachten, wenn das Wetter weiter so stürmisch und verregnet bleibt. Zelt aufbauen bei den Wetterverhältnissen traue ich mir kaum zu.
Tagesrückblick 13. November 2025 - Campsite am Dacre Cottage
Was für ein toller Morgen das war! Wir hatten zu sechst im Aufenthaltsraum übernachtet, und der Sonnenaufgang war einer der schönsten, die ich bisher sah. Das Meer lag ganz ruhig da, kein Vergleich zur letzten, stürmischen Nacht. Gemütlich packte ich meine Sachen und machte mich auf den Weg. Ich überquerte die Orewa Brücke und lief am Fluss entlang. Weil Ebbe war, führte der Fluss wenig Wasser. Bald konnte ich von der Straße abbiegen und folgte einem Fahrrad- und Fußgängerweg. Es ist ein Genuss, wenn man weiß, dass man wenige Kilometer Vor sich hat und dadurch viel Zeit. Dann kann ich aufmerksamer auf alles sehen, was um mich herum passierte und es aufnehmen.
Den Weg am Fluss verließ ich bald. Die Gegend wurde belebter als zuvor. Es war richtig viel los, denn gerade begannen die Schulen und alle waren unterwegs.
Im Silverdale Center legte ich einen Stopp bei der Telefongesellschaft ein, wo ich meine Karte gekauft hatte. Ich war unsicher gewesen, wie viel Daten ich schon verbraucht hatte. Nachsehen konnte ich es nicht, da ich die App nicht auf mein Telefon herunterladen konnte. Nun wusste ich Bescheid: Ich hatte noch reichlich Daten zur Verfügung.
Hier unterhielt ich mich kurz mit zwei älteren Frauen. Es waren die üblichen Fragen, die man an Wanderer auf dem Trail richtete, aber es machte Spaß und ganz offensichtlich den beiden auch.
Aus dem Industriegebiet war ich zum Glück heraus, allerdings war die Straße, auf der ich nun lief, ziemlich befahren und hatte nur zwei Spuren. Noch war es grün, aber die Bebauung nahm doch deutlich zu. So lief ich vor mich hin und wartete auf das nächste Highlight, das kommen würde.
Auf dem Weg nach Stillwater wurde es wieder ruhiger. Wobei….vielleicht auch nicht ganz so ruhig. Einem Schild leitete alle TA-Wanderer auf eine enge und von LKWs befahrene Straße. Die Anwohner nehmen die Wanderer gerne mit, da es manchmal gefährlich ist, hier zu laufen. Ich versuchte es aber zu Fuß, solange es ging. Fühlte ich mich dann unsicher, hielt ich den Daumen raus.
Das Laufen klappte ganz gut. Die Straße war zwar schmal, aber es ging. Zwar setzte noch einmal ein bisschen Nieselregen ein, aber der Poncho ist ja immer schnell übergeworfen. Meine Mitwanderer machten sich regelmäßig darüber lustig; von hinten sah ich wohl aus wie Frodo oder Sam.
Dann durchquerte ich diese große Baustelle. Die Führung für Fußgänger war phänomenal. Die Baustelle war relativ groß, aber die Bauarbeiter hatten sich untereinander per Walkie-Talkie abgesprochen, uns in Empfang genommen und weitergeleitet. So konnte überhaupt nichts passieren. Einer lief sogar ein ganzes Stück mit.
Die Baustellen hatte ich dann also hinter mir gelassen und nun sah ich zu meiner Linken den Stillwater Boating Club. Schön anzusehen waren die vielen kleinen Boote auf dem Wasser - die Sonne schien ja auch schon lange wieder.
So schön, wie der kleine Hafen gerade war, so fürchterlich fand ich diese große Gruppe von Wanderern vor mir. Ich wusste nicht, ob schon einige um die Ecke waren, aber ich zählte zehn.
Zum Glück waren es keine TA Walker. Im Okura Bush traf ich dann auf sie und unterhielt mich mit ihnen. Sie waren dann doch „nur“ eine lokale Walking-Gruppe. Die Damen waren ganz begeistert von mir und wollten alles über den TA wissen.
Es ging dann noch ein ganzes Stück über den Strand, bis die Flut es nicht mehr zuließ, weiterzulaufen. Es waren aber nur noch 1,4 km bis zur Campsite am Dacre Cottage (Kilometer 583) und ich kam früh an. Die Besitzer dieses Grundstücks ließen die TA Hiker gerne zelten. Es gab Wasser, eine Toilette und einen Shelter. Am frühen Nachmittag gab es immer mal wieder Regen, aber ab Spätnachmittag war es trocken. Diese Ecke war ein Traum. Obwohl wir zu elft waren, war es angenehm.
Ich machte noch einen Strandspaziergang. Oberhalb war abgesperrt, weil die Vögel dort nisteten. Es war süß, wie sie lautstark ihr Revier verteidigten.
Nach dem Essen bin ich als Tagesabschluß noch einmal zum Strand runter. Hier sitze ich nun, bestaunte das abfließende Wasser und die Vögel. Muscheln gibt es hier ohne Ende – zu schade, das keine mit nach Hause darf. Nun, da die Sonne untergeht, ist das Spiegelbild der rot eingefärbten Wolken im Wasser ein Traum.
Nun ist Zeit, ins Zelt zu gehen und zu schlafen. Morgen hat das Wasser um 9.00 Uhr den tiefste Stand – da heisst es rechtzeitig aufbrechen.
Anmerkung: Der Okura River fließt am Dacre Point ins Meer und die Querung des Flußbettes ist ausschließlich bei Ebbe möglich. Dennoch kann je nach Wetter der verbleibende Wasserpegel über einen Meter hoch sein - im optimalen Fall und bei Querung an der empfohlenen Stelle sind es dennoch etwa 45 cm.
Rückblick 14. November: Flußquerung und Großstadt-Feeling
Ich liege im Bett in meinem Hostel in Auckland, eine Pie im Magen und das Gefühl der besten Dusche seit vier Wochen auf der Haut. Was für ein Tag! Er begann, wie er enden sollte: mit einem Gefühl von Staunen und Abenteuer.
Vergangene Nacht war ich einmal draußen und wurde von einem unglaublichen Sternenhimmel begrüßt – die kleinen, unerwarteten Geschenke des Trails. Der Morgen startete dann fast filmreif: Die Sonne stieg genauso schön auf, wie sie gestern untergegangen war, untermalt vom lauten, geselligen Geschnatter der Canadagänse.
Obwohl das Camp langsam erwachte, spürte ich die Anspannung. Die anstehende Wasserüberquerung lag mir im Magen. Trotz der beruhigenden 0,69 Meter Tiefe laut App war mir bei der Kälte nicht wohl. Meine Aufregung war fast größer als das Hindernis selbst. Als ich sah, dass das Wasser bei den ersten vier Hikern noch bis zur Brust reichte, wartete ich klugerweise noch, bis das Wasser mir nur noch bis zum Bauchnabel reichte – eine sehr gute Entscheidung! Als ich losging, bildete sich über mir ein perfekter, halbrunder Regenbogen. Es fühlte sich an, als würde die Natur mir einen Segen schicken. Die Querung war überraschend schnell geschafft. Ich bin glücklich und zufrieden durch.
Der folgende Wiesenpfad entlang der Küste war Balsam für die Seele. Die Küstenlandschaft hier ist wirklich ein Traum. Und dann ein kurzes Glückgefühl: Ein Rosellasittich flog ganz nah an mir vorbei! Diese scheuen Tiere fliegen sonst sofort weg, doch heute war er mein ganz persönliches Glück.
Leider war mit der Wildnis bald Schluss, und die Bebauung begann. Ich geriet mitten in eine Challenge für etwa hundert Schulkinder am Strand, eine Rallye, bei der ich unvermittelt zur Attraktion wurde. Danach ging es durch Wohngebiete. Klar, der Blick auf den Strand ist schöner, aber auch diese Abschnitte gehören dazu. Am Waiake Beach gab es das nächste süße Schulcamp mit Segelbooten. Das Wasser nach der nächsten Bucht war sehr unterschiedlich gefärbt, von ganz hell Türkis bis dunkel und auf der anderen Seite der Bucht leuchteten die Hügel grün.
Ein kleines, aber feines Highlight war die Begegnung mit Rob, seiner Frau und ihrem neuen Hund – das hat mir wirklich den Tag versüßt. Solche unerwarteten Momente machen den Te Araroa aus. Oben auf dem Clifftop Walk dachte ich, wie schön es wäre, so ein Häuschen mit Meerblick zu besitzen.
Selbst die Katamaran-Weltmeisterschaft konnte ich live verfolgen! Der Neuseeländer, der meinte, „if there is a natural disaster, there is a kiwi around!!“, hat meinen Humor getroffen.
Der Spaziergang entlang der Takapuna Bay war von Jugendlichen bevölkert und auf dem schönen „Bürgersteig“ am Strand entlang musste ich aufpassen, nicht von der Gischt nass zu werden. Ich hätte ewig bei den riesigen Muschelhaufen verweilen können.
Heute wurde ich so oft auf den Te Araroa angesprochen, dass ich sicher eine Stunde länger gebraucht habe – aber es war es wert. Die netten Gespräche und die Zeit mit Guido, der aus der Nähe von Eindhoven kommt, ließen die letzten Kilometer wie im Flug vergehen.
Das letzte Seestück von Devenport per Fähre nach Downtown Auckland bildete dann schließlich den Abschluß dieses abwechslungsreichen Tages. Es fühlt sich surreal an, hier anzukommen, wo ich vor knapp vier Wochen und 614 Kilometern gestartet bin. Ich bin unheimlich stolz auf das, was ich geschafft habe. Nach dem unkomplizierten Check-in und dem Supermarktbesuch freue ich mich nun auf einen tiefen, erholsamen Schlaf. Es war ein richtig toller und erlebnisreicher Tag!
15. November 2025 -Ein gemütlicher Tag in Auckland
Heute war ein wirklich angenehmer Tag hier in Auckland. Ich habe für zwei Nächte ein sehr gemütliches Bett gefunden. Mein Hostelzimmer ist zwar einfach eingerichtet, aber absolut ausreichend, und die Duschen sind ein Traum: heißes Wasser und ein starker Strahl – das war Balsam für meinen Nacken und Rücken!
Obwohl ich letzte Nacht wie so oft wach war, konnte ich zum Glück noch einmal einschlafen, was mir heute Morgen richtig gutgetan hat. Der Vormittag stand ganz im Zeichen eines wichtigen Kaufs. Ich wollte unbedingt einen neuen Rucksack haben und bin bei Simply Living nach anderthalb Stunden fündig geworden. Ich bin jetzt schon superglücklich mit dem Teil und freue mich darauf, ihn morgen voll gepackt auf die Probe zu stellen.
Meinen alten Rucksack habe ich noch zu einem Freund von John gebracht. Leider war Andre, den ich gerne getroffen hätte, dieses Wochenende nicht da. Die Fahrt dorthin habe ich mit dem Bus gemacht, was in Auckland wirklich sehr, sehr einfach ist.
Während der Fahrt habe ich einen alten Friedhof gesehen, den ich mir natürlich nicht entgehen lassen konnte. Ich bin an der nächsten Haltestelle ausgestiegen und habe ihn mir angesehen – er war halb katholisch, halb jüdisch, sehr geschichtsträchtig. Von dort aus bin ich noch ein Stück spaziert und habe mir eine dringend nötige Massage gegönnt. Die Schmerzen im Rücken waren noch erträglich, aber die Massage an den Waden ... ich hätte wirklich schreien können!
Schön entspannt bin ich zurück zum Hostel geschlendert und habe mich noch ein wenig ausgeruht. Ich konnte meinen neuen Rucksack auch gleich probepacken, und es passt tatsächlich alles rein.
Am Abend habe ich noch ein paar andere Hiker getroffen. Wir waren bei einem Mexikaner, um Tims 29. Geburtstag zu feiern. Ich hatte leider erst spät von der Verabredung erfahren und bereits gegessen. Es war trotzdem nett, aber ich war ehrlich gesagt froh, als ich zurück zum Hostel gegangen bin. Wegen der Massage habe ich leichte Kopfschmerzen, und müde bin ich auch. Es ist jetzt auch schon spät – Zeit fürs gemütliche Bett!
Anmerkung: Auckland, oft als "City of Sails" (Stadt der Segel) bezeichnet, ist Neuseelands größte Stadt und ein bedeutendes Wirtschaftszentrum.
Auckland liegt auf einer Landenge zwischen zwei Häfen: dem Waitematā Harbour im Norden, der zur Tasmansee führt, und dem Manukau Harbour im Süden, der zum Pazifischen Ozean führt. Die Stadt wurde auf dem Auckland Volcanic Field erbaut, das etwa 50 Vulkankegel, Maare und Krater umfasst, wovon der Rangitoto Island der berühmteste und jüngste ist. Auckland ist die größte Metropolregion Neuseelands und beheimatet über 1,6 Millionen Menschen, was etwa einem Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes entspricht!
Der Sky Tower ist mit 328 Metern das höchste freistehende Bauwerk der südlichen Hemisphäre und dominiert die Skyline der Stadt. Der Maori-Name für Auckland ist Tāmaki Makaurau, was "Tāmaki mit hundert Liebhabern" bedeutet, in Anlehnung an die begehrte fruchtbare Erde.