10. November 2025 Nieselregen, Wald und reichlich Höhenmeter

Was für ein Wahnsinnstag liegt hinter mir! Zehn Stunden habe ich für gerade mal 21 Kilometer gebraucht – das sagt wohl alles über die Anstrengung dieses Abschnitts. Nach der langen Küstenwanderung gestern ging es heute tief ins Landesinnere, über zahllose Bergkämme und durch dichten Wald.

Ich merke jeden Tag mehr: Genau das, was ich seit Jahren wollte – eine richtig lange Fernwanderung – habe ich jetzt, und ich liebe es. Je länger ich unterwegs bin, desto besser gefällt es mir, trotz aller Strapazen. Ich hatte es mir anstrengend vorgestellt, aber jeden Tag so intensiv? Das hatte ich nicht erwartet, da habe ich wohl nicht ausreichend recherchiert. Aber egal, ich klopfe mir abends regelmäßig auf die Schulter, wenn ich es wieder geschafft habe.

Der Tag begann, wie der gestrige endete: Alles wolkenverhangen und die fünf Hühner der Besitzerin standen erwartungsvoll vor der Küchentür. Meine Socken vom Vortag hingen noch nass vom Nebel auf der Leine. Wobei: Trockene Socken hätten heute sowieso nicht viel gebracht. Nach den ersten Metern durch knie- und hüfthohes, regennasses Gras waren Schuhe und Socken sofort nass, und bald auch die Hose. Ach ja, und neben meinem Zelt haben zwei Jungens aus Malaysia gezeltet – einer davon hat die ganze Nacht so fürchterlich geschnarcht, da wünscht man sich wirklich ein Zelt mit "Schallschutz".

Um 7:30 Uhr ging es nahe des Pakiri Beach los. Wir hatten etwa zehn Stunden veranschlagt und die haben wir auch gebraucht. Allein für das erste Waldstück brauchten wir drei Stunden, es war ein ständiges Rauf und Runter. Wir machten eine kurze Pause an einem Hubschrauberlandeplatz und hatten sogar ein paar flüchtige Ausblicke auf die Küste. Die Wolken waren aber so schnell, dass man das Panorama wirklich nur kurz genießen konnte.

Nach dem Waldstück kam erfreulicherweise ein Stück Straße und ich war richtig dankbar dafür – das Laufen durch den feuchten Wald war nämlich superanstrengend. Vor dem zweiten Waldstück gab es eine schnelle Mittagspause: ein Wrap mit Käse und Mayo.

Danach ging es richtig los: Alles war rutschig, matschig, steil rauf und runter. Regina und Tino träumten schon von Lasagne, Pizza und Bier. Ich betonte zwar immer wieder, dass es nicht mehr weit sei – war es aber! Der Wald an sich war wunderschön, fast wie ein Urwald. Mystisch bei dem feuchten Wetter, das die Pflanzen, Moose und Flechten sichtlich lieben. Man sah kaum Spuren menschlichen Eingreifens. Ein kleiner Fluss schlängelte sich neben unserem immer schmaler werdenden Pfad. Als wir ihn durchqueren mussten, war es eine willkommene Gelegenheit, die total matschigen Schuhe und Socken abzuspülen.

Am Nachmittag setzte Regen ein, aber im Schutz des Waldes war es erträglich. Später konnte ich kaum noch sagen, ob ich nass vom Regen oder von der Anstrengung war. Wahrscheinlich war es beides. Als wir glücklich aus diesem Waldstück rauskamen, freuten wir uns schon wieder über den Schotterweg – Hauptsache kein Wald mehr! Doch steil ging es bergauf, und da war er wieder, der Wald. Das gleiche Spiel wie den ganzen Tag: Rauf und runter, Matsch und Regen. Wieder betonte ich: "Es ist nicht mehr lange!"

Es war noch lange genug. Als es endlich zum letzten Mal abwärts ging, war ich überglücklich, das Gebäude des Dome Cafés an der Route 1 zu sehen. Leider ist es dauerhaft geschlossen. Aber die netten Besitzer erlauben uns TA-Hikern, hier zu zelten, die Outdoorküche zu benutzen und sogar auf der Holzterrasse oder im Yogaraum zu übernachten. Im Yogaraum campieren heute Nacht 16 Leute – die waren alle schon vor uns hier und haben abgekürzt, indem sie per Anhalter gefahren sind. Wir aber haben es uns nicht nehmen lassen, dieses Teilstück unter diesen Umständen zu erwandern. Trotz der Anstrengung war es eine Bereicherung.

Ich konnte mein Zelt gerade noch aufstellen, bevor ein richtiger Platzregen kam. Die Wiese steht an einigen Stellen unter Wasser, ich bin gespannt, ob es innen trocken bleibt. Nach einer Wäsche mit Waschlappen und heißem Wasser fühle ich mich schon viel besser. Warme, trockene Klamotten an – herrlich. Das war mir lieber als kalt zu duschen.

Morgen geht es weiter – jetzt aber erst einmal eine hoffentlich ruhige Nacht!

11. November 2025 - 22 Tage auf dem Te Araroa

Rückblickend war der heutige Wandertag auf dem Te Araroa ein Tag der Kontraste:

Die Nacht zuvor war wider Erwarten wunderbar ruhig. Ich muss Tino wirklich dankbar sein, der mir seine Ohrstöpsel geschenkt hatte. Sie waren mein Retter vor Dans lautem Schnarchen, denn er hatte sein Zelt gestern Abend, nach seiner sehr späten Ankunft, direkt neben meinem aufgestellt. So hörte ich nur die Autos auf dem Highway gedämpft, aber Hauptsache, das Schnarchen war ausgeschaltet. Ich hatte meine Ruhe.

Nach einigen kräftigen Regenschauern am Morgen genoss ich mein Frühstück unter dem Schutz des Shelters. Doch dann riss der Himmel auf und bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel machte ich mich auf den Weg. Einmal schnell über den Highway und schon ging es auf einer Schotterpiste weiter.

Der Tagesbeginn brachte zur Abwechslung einen gemäßigten Anstieg, gefolgt von einem angenehmen Abstieg im Schatten. Der Schotter war durch die abgefallenen Nadeln der Bäume weich gepolstert – ein Genuss für die Füße. Die Ruhe hier im Wald war nach dem Autolärm des letzten Camps einfach herrlich. Das ganze Grünzeug am Wegesrand wäre ein wahres Paradies für meine Schildkröte zu Hause!

Der breite Weg wich dann aber doch einem schmalen Pfad. Es folgte ein kurzes, steiles Stück bergauf, bevor es direkt wieder bergab ging. Die Sonne schien, und die Regentropfen glitzerten an den Palmen und Farnen. Der viele Regen hatte den Boden ziemlich aufgeweicht, aber ich konnte ohne Probleme laufen. Meine feuchten Klamotten trockneten schnell, nur die Schuhe blieben nass – daran wird sich wohl auch nichts ändern, bis ich in Auckland neue kaufe. Die erste Garnitur ist langsam durch und ausgenudelt. Immer wieder boten sich mir atemberaubenden Ausblicke in die Landschaft - eingerahmt von Farnen, wie durch einen Bilderrahmen.


Zurück auf einer Schotterpiste ging es wieder bergab. Ich war regelrecht dankbar nach gestern dafür, heute auf Schotter laufen zu können. Ich wunderte mich einmal mehr, wie fit ich jeden Morgen bin; die Anspannung in den Muskeln vom Vorabend ist dann wie vergessen.

Ein großer Wermutstropfen war allerdings die Reklamation meines Rucksacks. Die Polster des Hüftgurtes schieben sich ständig zusammen, sodass die Schnallen auf meine Hüftknochen drücken – das ist sehr unangenehm. Die Antwort auf meine Fotos und das Anschreiben war ziemlich enttäuschend: Der Rucksack, den ich insgesamt erst gut neun Wochen auf dem Rücken hatte und der für mich noch relativ neu ist, schien laut Hersteller zu alt zu sein. Man riet mir, einen neuen Hüftgurt zu kaufen. Das hilft mir nicht weiter. In Auckland muss ich mich wohl oder übel nach einem neuen Rucksack umsehen, denn so kann ich nicht weiter gehen unter Schmerzen an den Druckstellen.

Der Te Araroa bog dann wieder von der Schotterpiste ab und ich fand mich auf einer Weide wieder. Sanft schwangen sich die Hügel in die Ferne und unter mir grasten Schafe.. Der Himmel zog sich zwar etwas zu, aber ich hoffte, dass es trocken bleiben würde. Die kleinen Lämmer liefen mir neugierig hinterher – wirklich süß.

Nach der Weide ging es zurück auf Schotter. Wir passierten einen Bereich, wo großflächig die Hänge abgeholzt worden waren. Die Kahlschlagsstellen sahen ganz schön wüst aus. Der anschließende Dome Moirs Hill Track hatte es mit seiner Steigung dann noch einmal in sich.

Nach dem Kahlschlag ging es wieder durch ein Gebiet mit Palmen und Farnen. Ich passierte ein kurzes, aber anstrengendes Waldstück mit matschigem, rutschigem Untergrund. Dann kam ich auf einen schmalen Wiesenpfad, von dem ich die wunderschöne hügelige Landschaft überblicken konnte. Kurz darauf war ich schon wieder in einem Wäldchen mit lehmigem, rutschigem, matschigem Boden. Dieser ständige Wechsel heute war unglaublich: Wald, Straße, Splitt, Matsch…!

Um der „Bubble“ zu entkommen, hatten wir geplant, an der Campsite nach 21 km zu entscheiden, ob wir noch weitere 6,5 km laufen. Letzte Nacht waren einfach zu viele Hiker im Camp gewesen.

Zur Abwechslung gab es wieder ein langes Stück Straße, schön bergauf. Leider übersah ich im Hinterhertrotten meines Vordermanns die Wegabbiegung nach links. Wir waren schon weit oben am Berg, mussten aber wieder runter und den ganzen Anstieg auf dem richtigen Weg erneut bewältigen – unnötige Extrakilometer. 

Wie vorab schon geplant lief ich an der Remiger Road Campsite vorbei. Dort machten in dem Moment nur die drei Jünglinge (Clem aus UK, Gianni aus Deutschland, Edward aus NZ) eine Pause. Niemand sonst war da. Dennoch, ich wollte noch ein paar Kilometern die Straße weiter, um einen ruhigeren Platz für die Nacht zu finden.

Die Campsite in Puhoi ist ganz schön, aber die Besitzer sind wirklich nicht zu empfehlen. Die Toilette ließ zu wünschen übrig und von der Außendusche ganz zu schweigen. Ich habe mir nur den Matsch von den Beinen gewaschen. Das muss für heute reichen. Morgen soll es regnen, der erledigt den Rest... Nein, Spaß! Morgen gibt es eine richtige Dusche!

Ich war noch kurz einkaufen und habe wie jeden Tag lecker gekocht: eine "Ramen Bomb" aus Ramen, Kartoffelpüree und Thunfisch.

Was wirklich süß ist: die Enten mit ihren Küken und die Hühner, die hier herumlaufen. Beim Zähneputzen wurde ich gerade die ganze Zeit von einem Eisvogel (Kingfisher) vom Nachbargrundstück aus beobachtet.

Jetzt liege ich im Zelt und freue mich auf morgen. Nur 20 Kilometer – ein Spaziergang!

Tagesrückblick 12. November 2025

Nach einer wie immer kurzen Nacht habe ich mich schnell fertig gemacht, um vom Campground wegzukommen. Ich hätte wirklich gerne dort gefrühstückt, aber die Besitzer waren alles andere als nett oder freundlich. Im Nachhinein wäre es dann doch vermutlich direkt in Puhoi gewesen, aber manchmal ist das eben so – hinterher sind wir alle schlauer.

Zum Glück gab es im Ort ein superleckeres Brötchen mit Käse und Ei! Danach konnte ich gestärkt durchstarten. Ich wollte heute unbedingt schnell sein, um dem angekündigten großen Regen zuvorzukommen. „Hoffentlich klappt es!“ dachte ich, während ich durch das süße, kleine Örtchen lief: Eindeutig hatten wir uns für die falsche Campsite entschieden.

Dann hieß es erst einmal wieder: Straße laufen. Zum Glück gab es einen Streifen für Radfahrer, der direkt zwischen den zwei Fahrbahnen verlief. Es war schon ein komisches Gefühl, mitten auf dieser stark befahrenen Straße zu laufen. Glücklicherweise verlief der Streifen bald wieder rechts am Straßenrand, und die Autos rauschten nur noch „einseitig“ an mir vorbei.

Puh, was für ein Anstieg dann! Ziemlich steil, aber als Belohnung war oben der häßliche Schallschutz mit Geißblatt bewachsen. Der süße Duft überdeckte die Autoabgase wunderbar. Wie schön! Über den nächsten Hügel drüber, sah ich links das Meer glitzern.

Ich hatte heute Morgen genügend Zeit herausgelaufen und lief nun noch durch den Wenderholm Park. Der TA umrundet die kleine Halbinsel und ich hätte die drei Kilometer glatt abkürzen können. Dort entdeckte ich als Schriftzüge auf einer Treppe genau mein Motto, das mich sofort motivierte:

•    „Aim high“ - „Be persistent“ - „Reach your hola“ (Setze dir hohe Ziele, sei beharrlich und beleibe dran, dann erreichst du sie auch!)

Wieder gab es diesen superschnellen Wechsel: von Highway ging es zum herrlichen Blick auf die Küste, umgeben von Palmen – und dann wieder zurück. Alles innerhalb von 20 Minuten! Die ganze Zeit hoffte ich, dass das Knacken und Knistern über mir nur vom Blätterdach stammte und keine Regentropfen waren. Ich drückte beide Daumen, dass es trocken blieb.

In der Kokoru Bay stieg das Wasser schon ganz schön schnell! Nach der Brücke, an Waiwera vorbei: Ein Schild mahnte zur Vorsicht, dass  überall Enten herum sitzen. Wieder am Wasser angekommen, musste ich mich beeilen. Ich hatte zwar noch genug Zeit, um den Strand und die Felsen bis zur Flut zu überqueren. Wie gut, dass ich heute Morgen so früh aufgebrochen und nicht getrödelt hatte!

Ich hatte noch mit einer Anwohnerin gesprochen, die meinte, es sei auf jeden Fall bis zur Flut zu schaffen. Ich war auch wirklich schnell unterwegs, bis ich plötzlich Panik bekam: Ich schaffe es nicht! An einer Stelle war das Wasser so hoch, dass ich bereits nasse Füße bekommen hätte – wenig später wäre es bis ans Knie gegangen. Und es lagen noch zwei weitere Kilometer entlang der Felsen vor mir! Bevor ich diese Strecke voller Panik lief, entschied ich mich, die Stufen am Strand zu nehmen und lieber aufzusteigen. Auf dem Weg oberhalb der Klippen ich viel beruhigter und musste mich erst einmal orientieren.

Den Weg „oben herum“ fand ich dann aber doch recht leicht. Nach der kurzen Pause, um mich wieder zu beruhigen, sollte es noch anderthalb Stunden bis zur Campsite sein. Es sollte also noch vor dem Regen alles klappen. Später traf ich dann Steffi, Tim und Dirk, die unten über die Felsenklippen gelaufen waren. Steffi, die ziemlich groß ist, meinte, es wäre ganz schön beängstigend und gefährlich gewesen. Ich habe definitiv alles richtig gemacht. Ich möchte heil nach Hause kommen und meine Familie und Freunde wiedersehen.

Das letzte Stück war wieder Straße. Hier in Owera ist schon ein bisschen mehr los als auf den letzten Kilometern. Ich bin nochmal runter zum Strand und bin da ein Stück gelaufen. Der Wind bläst ordentlich und auch auf dem Meer ist richtig was los.

Zwischendurch hat es mal getröpfelt, aber ich kam trocken zur Campsite zurück! Dort wartete ich auf Regina und Tino. Später wollte ich dann noch das Zelt aufzuschlagen. 

Ich habe schon gewaschen, geduscht und gekocht. Jetzt hängen wir alle zusammen im Aufenthaltsraum ab. Es sieht ziemlich grau aus, und draußen schüttet es. Vielleicht ziehe ich gleich mal meine Regensachen an und gehe einkaufen. Der Futterbeutel ist nämlich leer! Vielleicht werden wir auch zusammen im Aufenthaltsraum übernachten, wenn das Wetter weiter so stürmisch und verregnet bleibt. Zelt aufbauen bei den Wetterverhältnissen traue ich mir kaum zu.

Tagesrückblick 13. November 2025 - Campsite am Dacre Cottage

Was für ein toller Morgen das war! Wir hatten zu sechst im Aufenthaltsraum übernachtet, und der Sonnenaufgang war einer der schönsten, die ich bisher sah. Das Meer lag ganz ruhig da, kein Vergleich zur letzten, stürmischen Nacht. Gemütlich packte ich meine Sachen und machte mich auf den Weg. Ich überquerte die Orewa Brücke und lief am Fluss entlang. Weil Ebbe war, führte der Fluss wenig Wasser. Bald konnte ich von der Straße abbiegen und folgte einem Fahrrad- und Fußgängerweg. Es ist ein Genuss, wenn man weiß, dass man wenige Kilometer Vor sich hat und dadurch viel Zeit. Dann kann ich aufmerksamer auf alles sehen, was um mich herum passierte und es aufnehmen.

Den Weg am Fluss verließ ich bald. Die Gegend wurde belebter als zuvor. Es war richtig viel los, denn gerade begannen die Schulen und alle waren unterwegs.

Im Silverdale Center legte ich einen Stopp bei der Telefongesellschaft ein, wo ich meine Karte gekauft hatte. Ich war unsicher gewesen, wie viel Daten ich schon verbraucht hatte. Nachsehen konnte ich es nicht, da ich die App nicht auf mein Telefon herunterladen konnte. Nun wusste ich Bescheid: Ich hatte noch reichlich Daten zur Verfügung.

Hier unterhielt ich mich kurz mit zwei älteren Frauen. Es waren die üblichen Fragen, die man an Wanderer auf dem Trail richtete, aber es machte Spaß und ganz offensichtlich den beiden auch.

Aus dem Industriegebiet war ich zum Glück heraus, allerdings war die Straße, auf der ich nun lief, ziemlich befahren und hatte nur zwei Spuren. Noch war es grün, aber die Bebauung nahm doch deutlich zu. So lief ich vor mich hin und wartete auf das nächste Highlight, das kommen würde.

Auf dem Weg nach Stillwater wurde es wieder ruhiger. Wobei….vielleicht auch nicht ganz so ruhig. Einem Schild leitete alle TA-Wanderer auf eine enge und von LKWs befahrene Straße. Die Anwohner nehmen die Wanderer gerne mit, da es manchmal gefährlich ist, hier zu laufen. Ich versuchte es aber zu Fuß, solange es ging. Fühlte ich mich dann unsicher, hielt ich den Daumen raus.

Das Laufen klappte ganz gut. Die Straße war zwar schmal, aber es ging. Zwar setzte noch einmal ein bisschen Nieselregen ein, aber der Poncho ist ja immer schnell übergeworfen. Meine Mitwanderer machten sich regelmäßig darüber lustig; von hinten sah ich wohl aus wie Frodo oder Sam.

Dann durchquerte ich diese große Baustelle. Die Führung für Fußgänger war phänomenal. Die Baustelle war relativ groß, aber die Bauarbeiter hatten sich untereinander per Walkie-Talkie abgesprochen, uns in Empfang genommen und weitergeleitet. So konnte überhaupt nichts passieren. Einer lief sogar ein ganzes Stück mit.

Die Baustellen hatte ich dann also hinter mir gelassen und nun sah ich zu meiner Linken den Stillwater Boating Club. Schön anzusehen waren die vielen kleinen Boote auf dem Wasser - die Sonne schien ja auch schon lange wieder.

So schön, wie der kleine Hafen gerade war, so fürchterlich fand ich diese große Gruppe von Wanderern vor mir. Ich wusste nicht, ob schon einige um die Ecke waren, aber ich zählte zehn.

Zum Glück waren es keine TA Walker. Im Okura Bush traf ich dann auf sie und unterhielt mich mit ihnen. Sie waren dann doch „nur“ eine lokale Walking-Gruppe. Die Damen waren ganz begeistert von mir und wollten alles über den TA wissen.

Es ging dann noch ein ganzes Stück über den Strand, bis die Flut es nicht mehr zuließ, weiterzulaufen. Es waren aber nur noch 1,4 km bis zur Campsite am Dacre Cottage (Kilometer 583) und ich kam früh an. Die Besitzer dieses Grundstücks ließen die TA Hiker gerne zelten. Es gab Wasser, eine Toilette und einen Shelter. Am frühen Nachmittag gab es immer mal wieder Regen, aber ab Spätnachmittag war es trocken. Diese Ecke war ein Traum. Obwohl wir zu elft waren, war es angenehm.

Ich machte noch einen Strandspaziergang. Oberhalb war abgesperrt, weil die Vögel dort nisteten. Es war süß, wie sie lautstark ihr Revier verteidigten.

Nach dem Essen bin ich als Tagesabschluß noch einmal zum Strand runter. Hier sitze ich nun, bestaunte das abfließende Wasser und die Vögel. Muscheln gibt es hier ohne Ende – zu schade, das keine mit nach Hause darf. Nun, da die Sonne untergeht, ist das Spiegelbild der rot eingefärbten Wolken im Wasser ein Traum.

Nun ist Zeit, ins Zelt zu gehen und zu schlafen. Morgen hat das Wasser um 9.00 Uhr den tiefste Stand – da heisst es rechtzeitig aufbrechen.

Anmerkung: Der Okura River fließt am Dacre Point ins Meer und die Querung des Flußbettes ist ausschließlich bei Ebbe möglich. Dennoch kann je nach Wetter der verbleibende Wasserpegel über einen Meter hoch sein - im optimalen Fall und bei Querung an der empfohlenen Stelle sind es dennoch etwa 45 cm.

Rückblick 14. November: Flußquerung und Großstadt-Feeling

Ich liege im Bett in meinem Hostel in Auckland, eine Pie im Magen und das Gefühl der besten Dusche seit vier Wochen auf der Haut. Was für ein Tag! Er begann, wie er enden sollte: mit einem Gefühl von Staunen und Abenteuer.
Vergangene Nacht war ich einmal draußen und wurde von einem unglaublichen Sternenhimmel begrüßt – die kleinen, unerwarteten Geschenke des Trails. Der Morgen startete dann fast filmreif: Die Sonne stieg genauso schön auf, wie sie gestern untergegangen war, untermalt vom lauten, geselligen Geschnatter der Canadagänse.

Obwohl das Camp langsam erwachte, spürte ich die Anspannung. Die anstehende Wasserüberquerung lag mir im Magen. Trotz der beruhigenden 0,69 Meter Tiefe laut App war mir bei der Kälte nicht wohl. Meine Aufregung war fast größer als das Hindernis selbst. Als ich sah, dass das Wasser bei den ersten vier Hikern noch bis zur Brust reichte, wartete ich klugerweise noch, bis das Wasser mir nur noch bis zum Bauchnabel reichte – eine sehr gute Entscheidung! Als ich losging, bildete sich über mir ein perfekter, halbrunder Regenbogen. Es fühlte sich an, als würde die Natur mir einen Segen schicken. Die Querung war überraschend schnell geschafft. Ich bin glücklich und zufrieden durch.
Der folgende Wiesenpfad entlang der Küste war Balsam für die Seele. Die Küstenlandschaft hier ist wirklich ein Traum. Und dann ein kurzes Glückgefühl: Ein Rosellasittich flog ganz nah an mir vorbei! Diese scheuen Tiere fliegen sonst sofort weg, doch heute war er mein ganz persönliches Glück.

Leider war mit der Wildnis bald Schluss, und die Bebauung begann. Ich geriet mitten in eine Challenge für etwa hundert Schulkinder am Strand, eine Rallye, bei der ich unvermittelt zur Attraktion wurde. Danach ging es durch Wohngebiete. Klar, der Blick auf den Strand ist schöner, aber auch diese Abschnitte gehören dazu. Am Waiake Beach gab es das nächste süße Schulcamp mit Segelbooten. Das Wasser nach der nächsten Bucht war sehr unterschiedlich gefärbt, von ganz hell Türkis bis dunkel und auf der anderen Seite der Bucht leuchteten die Hügel grün.
Ein kleines, aber feines Highlight war die Begegnung mit Rob, seiner Frau und ihrem neuen Hund – das hat mir wirklich den Tag versüßt. Solche unerwarteten Momente machen den Te Araroa aus. Oben auf dem Clifftop Walk dachte ich, wie schön es wäre, so ein Häuschen mit Meerblick zu besitzen.
Selbst die Katamaran-Weltmeisterschaft konnte ich live verfolgen! Der Neuseeländer, der meinte, „if there is a natural disaster, there is a kiwi around!!“, hat meinen Humor getroffen. 
Der Spaziergang entlang der Takapuna Bay war von Jugendlichen bevölkert und auf dem schönen „Bürgersteig“ am Strand entlang musste ich aufpassen, nicht von der Gischt nass zu werden. Ich hätte ewig bei den riesigen Muschelhaufen verweilen können.

Heute wurde ich so oft auf den Te Araroa angesprochen, dass ich sicher eine Stunde länger gebraucht habe – aber es war es wert. Die netten Gespräche und die Zeit mit Guido, der aus der Nähe von Eindhoven kommt, ließen die letzten Kilometer wie im Flug vergehen.

Das letzte Seestück von Devenport per Fähre nach Downtown Auckland bildete dann schließlich den Abschluß dieses abwechslungsreichen Tages. Es fühlt sich surreal an, hier anzukommen, wo ich vor knapp vier Wochen und 614 Kilometern gestartet bin. Ich bin unheimlich stolz auf das, was ich geschafft habe. Nach dem unkomplizierten Check-in und dem Supermarktbesuch freue ich mich nun auf einen tiefen, erholsamen Schlaf. Es war ein richtig toller und erlebnisreicher Tag!

15. November 2025 - Ein gemütlicher Tag in Auckland

Heute war ein wirklich angenehmer Tag hier in Auckland. Ich habe für zwei Nächte ein sehr gemütliches Bett gefunden. Mein Hostelzimmer ist zwar einfach eingerichtet, aber absolut ausreichend, und die Duschen sind ein Traum: heißes Wasser und ein starker Strahl – das war Balsam für meinen Nacken und Rücken!

Obwohl ich letzte Nacht wie so oft wach war, konnte ich zum Glück noch einmal einschlafen, was mir heute Morgen richtig gutgetan hat. Der Vormittag stand ganz im Zeichen eines wichtigen Kaufs. Ich wollte unbedingt einen neuen Rucksack haben und bin bei Simply Living nach anderthalb Stunden fündig geworden. Ich bin jetzt schon superglücklich mit dem Teil und freue mich darauf, ihn morgen voll gepackt auf die Probe zu stellen.

Meinen alten Rucksack habe ich noch zu einem Freund von John gebracht. Leider war Andre, den ich gerne getroffen hätte, dieses Wochenende nicht da. Die Fahrt dorthin habe ich mit dem Bus gemacht, was in Auckland wirklich sehr, sehr einfach ist.

Während der Fahrt habe ich einen alten Friedhof gesehen, den ich mir natürlich nicht entgehen lassen konnte. Ich bin an der nächsten Haltestelle ausgestiegen und habe ihn mir angesehen – er war halb katholisch, halb jüdisch, sehr geschichtsträchtig. Von dort aus bin ich noch ein Stück spaziert und habe mir eine dringend nötige Massage gegönnt. Die Schmerzen im Rücken waren noch erträglich, aber die Massage an den Waden ... ich hätte wirklich schreien können!

Schön entspannt bin ich zurück zum Hostel geschlendert und habe mich noch ein wenig ausgeruht. Ich konnte meinen neuen Rucksack auch gleich probepacken, und es passt tatsächlich alles rein.

Am Abend habe ich noch ein paar andere Hiker getroffen. Wir waren bei einem Mexikaner, um Tims 29. Geburtstag zu feiern. Ich hatte leider erst spät von der Verabredung erfahren und bereits gegessen. Es war trotzdem nett, aber ich war ehrlich gesagt froh, als ich zurück zum Hostel gegangen bin. Wegen der Massage habe ich leichte Kopfschmerzen, und müde bin ich auch. Es ist jetzt auch schon spät – Zeit fürs gemütliche Bett!

Anmerkung: Auckland, oft als "City of Sails" (Stadt der Segel) bezeichnet, ist Neuseelands größte Stadt und ein bedeutendes Wirtschaftszentrum.

Auckland liegt auf einer Landenge zwischen zwei Häfen: dem Waitematā Harbour im Norden, der zur Tasmansee führt, und dem Manukau Harbour im Süden, der zum Pazifischen Ozean führt. Die Stadt wurde auf dem Auckland Volcanic Field erbaut, das etwa 50 Vulkankegel, Maare und Krater umfasst, wovon der Rangitoto Island der berühmteste und jüngste ist. Auckland ist die größte Metropolregion Neuseelands und beheimatet über 1,6 Millionen Menschen, was etwa einem Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes entspricht!

Der Sky Tower ist mit 328 Metern das höchste freistehende Bauwerk der südlichen Hemisphäre und dominiert die Skyline der Stadt. Der Maori-Name für Auckland ist Tāmaki Makaurau, was "Tāmaki mit hundert Liebhabern" bedeutet, in Anlehnung an die begehrte fruchtbare Erde.